Hain i. Riesengebirge, Krs. Hirschberg

im Jahre 1927



Lage: Der Luftkurort Hain, 750 Einwohner, 480 – 650 Meter Meereshöhe, liegt vor der Mitte des Kammes unterhalb der tiefsten Übergangsstelle, dem Spindlerpaß. (Zollamt am Ort.)


Verkehrsverhältnisse: Vom Bahnhof Hirschberg (Schlesien) aus ist Hain in etwa 1 Stunde mit der elektrischen Talbahn zu erreichen. Diese führt bis zur Endstation Obergiersdorf – Hain (Himmel-reich), und befördert auch jederlei Gepäck. Träger, Führer und Fuhrwerke am Bahnhof. Mit Bad Warmbrunn, dem eigentlichen Reichsbahnhof, ist es durch eine reizvolleChaussee verbunden. Für Ausflüge bis zu 3 Tagen, die über die tschechische Grenze führen, werden auf dem hiesigen Gemeindeamt auf Grund eines Personalausweises mit Lichtbild Ausflüglerscheine ausgestellt.

Post und öffentliche Fernsprechstelle am Ort; postalische Bezeichnung: Hain (Riesengebirge).


Beleuchtung und Wasserversorgung: Elektrische Beleuchtung auf allen Straßen und in allen Häusern. Hochquellwasserleitung. Bäder in Hotels und Privathäusern.


Gottesdienst: evangelischer währen der Hauptverkehrszeit (Juni bis August) jeden Sonntag um 9 ½ Uhr in der Kapelle im „Bergfrieden“; katholischer im benachbarten Giersdorf (elektrische Bahnverbindung!).


Ärztliche Behandlung ist gesichert, da in dem mit Hain eng zusammenhängenden Giersdorf 2 Ärzte wohnen (eigenes Auto!). 2 Rezeptannahmestellen der Apotheken Herischdorf und Warmbrunn. Krankentransport durch Freiwillige Sanitätskolonne vom Roten-Kreuz Hain.


Unterkunft und Verpflegung: Große Gasthäuser, modernste Fremdenheime, kleine Landhäuser (viele mit Küchenbenutzung) bieten preiswerte Unterkunftsmöglichkeiten. Die Preise sind bis zur äußersten Grenze herabgesetzt und richten sich ganz nach dem, was gefordert und geboten wird, und nach der Lage und Einrichtung der Wohnung. Bescheidene Unterkunft findet man schon für 1 Mark je Bett und Nacht. Fleischer, Bäcker, Konditor und mehrere Kaufleute sorgen für alle Bedürfnisse .


Wintersport: Hain ist auch ein idealer Wintersportplatz mit Rodelbahn Spindler – Adolfsbaude bis Endstation Himmelreich. - Gute Schneeschuhgelände; Skilehrer vorhanden. Sprungschanze mitten im Ort. Für Hörnerschlittenfahrten sind Führer und Pferde an der Endstation und in den Hotels zu haben.

Kurtaxe wird nicht erhoben. Zur Erhaltung des ausgedehnten Wegenetzes, der Stege, Beleuchtung usw. sind je Person und Nacht 20 Pfg. Fremdenverkehrsbeitrag an die Gemeindekasse abzuführen. Kinder unter 10 Jahren sind von dem Betrag befreit.


Auskunft und Prospekte gegen Rückporto durch die Ortsgruppe des Riesengebirgsvereins. Preise erfährt man am besten direkt bei den einzelnen Häusern.


Hain als Luftkurort


Ihre Beliebtheit und steigende Bedeutung verdankt unsere Sommer- und Winterfrische lediglich ihren natürlichen Vorzügen, ihrer einzigartigen Bodengestaltung, sowie ihrer Lage vor der Mitte des Kammes und endlich ihrem ausgezeichneten Klima, wozu noch die Reinheit der Luft tritt, die, frei von Straßenstaub und Fabrikrauch, auf Gesunde und Leidende von wohltätiger Wirkung ist. Deshalb eignet sich Hain vorzüglich als Luftkurort und wird als solcher von Ärzten empfohlen.

Leider ist im reisenden Publikum vielfach die Ansicht verbreitet, im Gebirge sei es im Frühling für den Sommerfrischler noch zu rauh und unfreundlich. Für höhere Lagen des Gebirges trifft dies teilweise zu. Wenn sich am Kamme noch Schneefelder hinziehen und sich langsam dem hinansteigenden Frühling ergeben, hat derselbe in Hain längst festen Fuß gefaßt. Von Anfang Mai an gleicht der Ort einem Blütenhange. Den Obstbäumen, welche gewöhnlich eine lange Blütezeit haben, folgen die in großer Zahl vorhandenen Ziersträucher und später die Linden. Daneben entfalten bis in den Juni hinein die Wiesen einen ungeahnten Blumenreichtum. Nach Mitte Mai sind Temperaturstürze, wenn sich solche nicht etwa über große Gebiete ganz allgemein verbreiten, aus örtlichen Gründen völlig ausgeschlossen. Langjährige Freunde und Kenner des Ortes ziehen daher diese Jahreszeit für einen längeren Besuch des Ortes durchaus vor.

Bei täglich dreimaliger Ablesung der Temperatur, um 7 Uhr morgens, 2 Uhr mittags und 9 Uhr abends beträgt nach sechsjähriger Beobachtung die Durchschnittstemperatur im Mai +11 ° Cels., im Juni +15,2 ° Cels. Bedenkt man, daß die Mittagstemperaturen im Schatten für diese Monate nur + 13,7° Cels. bzw. +19,0° Cels. betragen, so empfehlen diese Zahlen von selbst durch die geringen Schwankungen. Man hat darum Hain die Sommerfrische der Vorsaison genannt, und kommt es als solche immer mehr in Aufnahme.

Andere Schönheiten bietet der Herbst im September und Oktober. Die Temperatur ist noch mild, Niederschläge und Stürme sind selten, die Fernsichten übertreffen die die der Sommertage an Klarheit, und zu keiner Zeit bietet sich dem Auge ein größerer Farbenreichtum in Wald und Feld.


Im Winter eignet sich Hain seines milden Klima wegens – das Wärmemittel im Januar betrug in sechs aufeinander folgenden Jahren – 2,6° Cels., - 3,9° Cels. - 1,6° Cels. - 1,1° Cels. - 0,9° Cels. , - 5,4° Cels. vorzüglich als Winterfrische, namentlich aber zur Ausübung des Wintersports.


Auch hinsichtlich der Niederschläge steht Hain äußerst günstig da. Im Vergleich zu Wang bleibt die Menge derselben im Juli um 50, im August um 25 und im September um 60 Millimeter zurück, für Mai bis Oktober durchschnittlich um 30 Millimeter im Monat.

Speziell vom ärztlichen Standpunkt aus ist Hain als Erholungs- und Kur-Aufenthalt für viele Leiden zu empfehlen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen, von staubenden Autostraßen durchzogenen Gebirgsdörfern breitet sich Hain über große Wiesenflächen, an zahlreichen Bächen und Hängen aus; die einzelnen Häuser wieder sind durch kleine Täler, Felsengruppen und Baumbeständen von einander getrennt, so daß man von einem völlig staubfreien und reinen Luftkurort sprechen kann.

In langjähriger ärztlicher Beobachtung und Erfahrung ist festgestellt; dauerhafte, zähe Katarrhe des Rachens der Bronchien und des Kehlkopfes, jeder Behandlung in der Großstadt trotzend, verschwanden im Hainer Klima.

Beginnende Lungenkatarrhe (nicht aber fortgeschrittene mit Fieber und kopiösem Auswurf) kommen schnell zur Heilung, besonders Fälle, denen Spaziergänge und Wanderungen im Walde neben der nötigen Ruhekur noch zuträglich Sind. Diese Weithin erstreckende Lage zwischen großen, aber aufs reizvollste belebten und gefalteten Wiesen kann nicht hoch genug bewertet werden.

Hains mittlere Höhenlage kommt besonders in Frage für Nervenleidende, die nicht ans Bett gefesselt sind, und die an der See keine Erholung finden. Reine, mittlere Höhenluft, große herrliche Forsten mit unendlich abwechslungsreichen Gebirgsbächen, die ruhige und doch überaus anregende Linie des Gebirges; alles zusammen ist für Nervöse, Abgespannte, Überarbeitete, Schlaflose von bald wirkender, sicherer und lang anhaltender Heilkraft. Appetitlosigkeit auf Grund nervöser Verstimmung und gestörter Magen- und Darmsekretion, Abmagerung auf Grund mangelhafter Verdauung, seelische Depression mit ihren schweren Folgen; für alle diese Leiden ist Hains Luft und Lage die beste Medizin. Für Herzleidende, denen ein mittelstarkes Training dienlich ist, ist Hain das ideale Gelände; ebenso für die, Welche zur Fettsucht neigen und es vorziehen, durch verständige Bewegungskur (bei passender Diät) sich zu heilen, statt durch Medikamente, die ihnen die zugeführten Nährkräfte wieder ungenützt entziehen.

Ganz besonders aber hervorzuheben ist nach langjähriger gewissenhaftester ärztlicher Nachprüfung:

Hain ist gänzlich frei von Endemien und Epidemien jeder Art. Selbst bei den wenigen Fällen ansteckender Krankheiten, die natürlich in jedem Orte vorkommen, war ausnahmslos Einschleppung aus einer Großstadt festzustellen. Die eingeschleppten Krankheiten kommen denn auch niemals zu weiterer Ausbreitung und erlöschen mit dem Einzelfalle.

Das Trinkwasser von Hain ist ein gänzlich einwandfreies Leitungs-Quellwasser, das auch im heißesten Hochsommer keine schädlichen Keime aufnimmt.


Dr med.Würfel, Obergiersdorf