Todesfahrt der Hainer Taufgesellschaft

von unbekannt



Ergänzend zu meiner Plauderei über unsere Schule und Proben aus der Schulchronik kann ich über die erwähnte Todesfahrt der Hainer Taufgesellschaft noch ausführlich berichten, da unser Freund Paul Patzke (76), der in diesem Falle als bester Gewährsmann gelten kann, noch mehr wußte. Dieser tragische Unfall ereignete sich am Sonntag, dem 18.August 1874 auf der Brücke zwischen „Schneekoppe – Hoher Stein“. Die Heimat war wieder einmal, wie so oft im August, von einem gewaltigen Hochwasser heimgesucht.

Man denke an die Schlacht an der Katzbach, wo am 26. August 1813 nach einer längeren Regenperiode die reißenden Fluten der Katzbach und ihrer Nebenflüsse die Brücken zerstörten und den geschlagenen Franzosen den Rückzug abschnitten. Der Täufling stammte aus dem Hause Nr. 51, das bis 1946 von Hermann Patzke bewohnt wurde.

Der Kutscher, der „das Taufen“ fuhr, war ein Giersdorfer mit Namen Mischer. Die Schicksalsbrücke war ganz aus Holz gebaut, wurde vom Wasser aus mit 2 Holzbalken und einem Querbalken gestützt. Durch die gewaltigen Felsblöcke, die die Fluten mit sich führten, waren Joch und Stützen weggerissen, und die alte Brücke hatte ihren Halt verloren, in dem Augenblick, als der Wagen darüber fuhr. Der Kutscher wurde von Nachbarn gewarnt; aber „ich bin heute schon zweimal hinüber gefahren, so werde ich auch das dritte Mal hinüberkommen“, so war seine Antwort. „Das Taufen“ kam von der Kirche und befand sich auf dem Heimwege nach Hain. Die Pferde waren bereits über die Brücke, als diese in sich zusammenbrach. Der mit den Insassen versinkende Wagen riß die Pferde in die Fluten zurück und alle ertranken. Nach etlichen Tagen, als sich das Hochwasser verlaufen hatte, fand man die Leichen, sie waren teilweise unterm Geröll oder an Sträuchern hängen geblieben. Die toten Pferde lagen unterhalb Giersdorfs auf einer Wiese. Nach 25 Jahren fand man beim Ausbau der Ufermauern die Uhr des Kutschers Mischer. Paul Matzke hat diesen Vorgang wiederholt aus dem Munde seiner Mutter gehört, die zu der Zeit des Unglücks als Angestellte bei seinem Vater im Gasthaus „Lindenschänke“ tätig war. Die erste Frau seines Vaters war Pate bei der Taufe des Kindes und ist mit der Unglücksfuhre ertrunken. Im Namen aller Hainer danke ich ihm für seinem interessanten Bericht.



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB57/N28/S499