Steinschneider-u.Glasschleiferkunst im Riesengeb.

von A. Dornig



Hans Ulrich von Schaffgotsch brachte im Anfang des 17. Jahrhunderts von einer Italienreise einen Steinschneider aus Venedig mit und verpflichtete ihn Scholaren auszubilden. Bald sitzen die Steinschneider dann nicht nur in Hermsdorf unterm Kynast, der Stammburg der Schaffgotsche, sondern auch in Warmbrunn, Schreiberhau, Giersdorf und Voigtsdorf. Sie haben einen guten Ruf, der weithin durch die Lande geht.


Im Mai 1791 schreibt Goethe nach seiner Schlesienreise an den Weimarischen Herzog: „Wegen Facius (Graveur des Herzogs) hätt´ ich ein Anliegen. Er schiebt von einer Zeit zur anderen das Steinschneiden von sich, obwohl er die Maschine hat. Es ist mir der Gedanke gekommen, da Sie Venten (Christoph Gottlob Vent, Architekt in Weimar mit dem Charakter als Hauptmann) jetzt nach Schlesien schicken, wenn Sie Facius mitschicken, daß er sich solange in Warmbrunn aufhielte, bis Vent aus Glatz zurückkäme. In Warmbrunn ist die Steinschneiderei ein Handwerk und das Mechanische, das Faciussen jetzt sauer wird, was er vielleicht in einem Jahr nicht ausstudierte, dort etwas ganz Gemeines, das er in ganz kurzer Zeit faßt und übt. Der Effekt, der dadurch hervorgebracht wird, ist für ihn und die Kunst unschätzbar.“


Wohl geht der Facius nach Warmbrunn, aber Goethes Erwartung erfüllt sich nicht. Facius blieb mittelmäßig in seiner Leistung, weil die Steinschneiderei, die dem Geheimrat aussah wie etwas Mechanisches eben doch mehr ist, als nur ein Handwerk.


Zöllner nennt uns in seinen Reisebriefen an Goethe auch die Namen der damaligen Steinschneider, deren Kunst er rühmt: Christian Schneider, Möcke, Menzel, Maiwald, Benj. Müller, Karl Hensel, Thiel, Ehrenfried Pauser. Familiennamen, die auch jetzt noch unter den Gebirglern Geltung hatten. Aus der Steinschneiderei entwickelte sich die Glasschleiferei, denn die Technik der beiden ist im Grunde die gleiche, der Stein bzw. das Glas wird „geschnitten“ mit einem Rädchen aus Kupfer oder dergl., das sich rasch dreht und über das der Schleifer nassen Schmirgel oder auch z.B. bei Edelsteinen Diamantenstaub geben muß. Nur wenige Punkte des zu schleifenden Musters werden auf das Werkstück aufgezeichnet, der Schleifer braucht darum scharfe Augen und eine sichere Hand, wenn der Schliff tadellos ausfallen soll.


Zum Wappenschnitt für das Siegel, sei es in Form des Ringes oder des Petschaft, wurde inländisches Gestein verwandt: Crysopas, Calcedon, Jaspis, Topas, Kristall. Im Zackenfluß wurden auch Saphire, Amethyste, Rubine (Spinelle) gefunden und in Venedig bestand damals eine Handlung „Schlesische Edelsteine“. Für Camäen, die damals beliebt waren, wurde überwiegend ausländisches Gestein verwandt, Köpfe und allegorische Figuren wurden in sie geschnitten.


Die Steinschneidekunst tritt in der Neuzeit in den Hintergrund, aber die Glashütten blühen auf. Das Glas wird edler, weil schon die Schmelzmasse anders als früher überprüft und zusammengestellt wird. Nicht mehr nur farbiges Glas wird hergestellt, sondern jetzt wetteifert eine Hütte mit der anderen, Kristallglas herzustellen, auf dem ein Lichterglanz ruht, weil die Brechung des Lichtes besonders berücksichtigt wird. Die Glasschleifer ersinnen immer neuere und schönere Muster. Die Josephinenhütte in Oberschreiberhau übernimmt die alte Tradition und ihr Name war nicht nur den Schlesiern, sondern weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. Wer über das Gebirge wanderte, kehrte sicher auch in die Josephinenhütte ein, um sich die Schätze an erlesenen Stücken der Schleiferkunst anzusehen, die ihre Austellungsräume bargen.


1945 übernahmen die Polen die unversehrte Hütte in Schreiberhau und sie hielten die deutschen Meister fest, damit diese polnische Glasmacher und Schleifer anlernen sollten. Aber es erging diesen wie Facius, weil sich die langjährige Tradition, die sich oft von Vater auf Sohn in den Familien vererbte und die große Kunstfertigkeit des Schleifens sich nicht von heute auf morgen erlernen läßt.

Kristallenes Glas, im Feuer aus Erde geboren, voll Schönheit geformt, bekommt edelsten Schliff. Wieder wandern hochwertige Gläser wie früher in alle Welt und zeugen von der Glasschleiferkunst der Schlesier, Ich sah ein Glas, dessen Inschrift so fein ausgeschliffen war, daß man fast eine Lupe brauchte, um sie lesen zu können und doch war sie ohne Fehl.

Die Familie Schaffgotsch ist aus der Geschichte Schlesiens nicht wegzudenken. Hans Ullrich Schaffgotsch brachte einmal den Lehrmeister aus Italien mit, und schuf Wohlstand unter den Menschen des Gebirges. Heute sichert die Schaffgotsche Hütte wieder vielen eine Existenz und sie ist nicht mehr aus der Arbeit der Schlesier wegzudenken.




Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB54/N08/S03