Schreiberhau i. Riesengebirge, Krs. Hirschberg

Geschichtliches über die Entstehung des Ortes.

Stand 1930



Der Ort verdankt sein Entstehen der Fabrikation des Glases. Die früher hier alles bedeckenden Waldungen veranlaßten zu Anfang des 15. Jahrhunderts die Anlegung einer Glashütte an der Stelle, wo jetzt das „früher Kretschmer`sche „ Bauergut Nr. 3 in Nieder-Schreiberhau steht, und da über das zu ihrem Betriebe gehauene Holz ein Forstschreiber Rechnung führte, ihm auch wahrscheinlich in dem sich nun bildenden Haue eine Wohnung angewiesen wurde, soll hiervon der neue Ort den Namen „Schreibers-Hau“ erhalten haben.

Der Erbauer und erste Besitzer dieser Hütte ist unbekannt.

In ihrer Nähe siedelten sich die Arbeiter an und begannen bald einige abgeholzte Plätze urbar zu machen.

So oft das Holz in der Nähe der Glashütte verbraucht war, wurde diese abgebrochen und weiter in die Waldung verlegt, was im ganzen 7 mal geschehen sein soll. Spätere Standpunkte der Glashütte waren etwa an der Stelle des jetzigen Garten 20, des Hauses Nr. 66 auf der Hüttstadt, der Weißbach,dem sogenannten Weiberberge und der Kolonie Karlstal.

So brach die Glashütte dem Orte immer weitere Bahn, denn die bei ihr beschäftigten Arbeiter, Handwerker und Künstler zogen ihr nach und verkauften ihre früheren Wohnungen in der Regel an Leute, die aus fremden Orten hierher kamen.

Diese beschäftigten sich nun eifriger, als es die Glashüttenleute tun konnten, mit Ackerbau und Viehzucht, und so entstanden bald an der Stelle der ersten Glashütte und in Nieder-Schreiberhau überhaupt, die ersten Bauerngüter und Gärtnerstellen, die also zu den ältesten des Ortes gehören.

Im 17. Jahrhundert kam die Glasfabrikation in die Hände der um den Ort hochverdienten Preußlerschen Familie. Etwa im Jahre 1616 nämlich wanderte Wolfgang Preußler aus Böhmen, wahrscheinlich aus der Krischlitzer Gegend, hier ein und erbaute 1617 die Glashütte an der Weißbach, jetzt „Sanatorium Hochstein“.

Ihm folgte Hans Preußler, welcher 1642 die Mahlmühle an der Weißbach anlegte, für die er nach mancherlei Anfechtungen sich 1644 die kaiserliche Erlaubnis von Kaiser Ferdinand III. In Wien auswirkte. Diese beiden waren katholisch, der Nachfolger Hans Christoph Preußler I.wurde evangelisch.

Zur weiteren Vermehrung des Ortes von außen her gaben die Verfolgungen der Evangelischen in dem benachbarten Böhmen und der auch in Schlesien wütende 30-jährige Krieg (1618-1648) Anlaß. So ließ sich schon zur Zeit der Reformation eine gewisse Maria Pluch, die dem Religionsdruck im Nachbarlande entflohen war, in einem der hiesigen Täler nieder, das nach ihr den Namen Mariental erhielt. Die Geschichte dieser Maria Pluch ist romantisch ausgeschmückt worden. Angeblich war sie die Gattin eines Güterbesitzers und wurde, da sie ihrem evangelischen Glauben treu blieb, von diesem sowie von ihren beiden Söhnen getrennt; sie soll diese niemals wiedergesehen haben. Sie selbst nannte, in Bezug auf ihre Schicksale, den Ort ihrer Niederlassung „Jammertal“. Durch den Religionsdruck in Böhmen wanderten in dieser Zeit etwa 80 Familien hier ein, unter anderen drei Hollands. Wahrscheinlich sind die jetzigen Träger dieses Namens Nachkommen jener wegen ihrer Treue am evangelischen Bekenntnisse Vertriebenen, und der Winkel des Marientals, die Holländer-Häuser genannt, die Zufluchtsstätte ihrer heimatlosen Vorfahren gewesen. Große Verwüstungen hatte der 30-jährige Krieg auch in der Umgegend hinterlassen. Aber das friedliche Schreiberhau sah weder Kriegsfackel noch Kriegsschwert. Es war damals nur ein einziger Zugang hierher möglich, der bei dem jetzt noch unter diesem Namen bekannten Wachtstein vorbeiführte. Hier, wo man auch die Umgegend genau übersehen konnte, wurde Tag und Nacht Wache gehalten, und alle Zeiten waren die rüstigen Einwohner bereit auf ein gegebenes Zeichen bewaffnet herbeizueilen und jedem ungebetenen Gast den Eingang mit Gewalt zu verwehren.

Auch soll schon sehr frühzeitig Bergbau am hiesigen Orte betrieben worden sein und zwar wurde der gewonnene Schwefelkies zur Bereitung von Vitriol benützt. Die alten Halden sind noch jetzt im Niederdorfe und am schwarzen Berge sichtbar. Im 30-Jährigen Kriege blieb dieser Betrieb liegen und wurde erst 1775 von C.M.Preller wieder aufgenommen, um 1817 vollständig einzugehen. Nur das Vitriolwerk (Schmelzhütte) wurde von dem Glashüttenbesitzer Benjamin Matterne noch einige Jahrzehnte weitergeführt.

Mit Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts wurde der Ort immer ansehnlicher. Es kamen nach und nach Glashändler, Glasvergolder, Glasmaler usw. hierher, man fing an Musikinstrumente zu verfertigen, Handel und Wandel nahmen immer mehr zu, auch Holz spalten, fahren und Flößen wurde ein ergiebiger Nahrungszweig für die Gemeinde. Damals bestand der Ort aus 7 Bauergütern, 20 Gärtnerstellen und 285 Häusern, worin 1851 Evangelische und 80 Katholische wohnten. Man lieferte statt des bisherigen nur geringen Glases immer vorzüglicheres und machte in der Kunst, es durch schleifen, gravieren, bemalen und vergolden zu veredeln, immer weitere Fortschritte.

Die erste Schleifmühle wurde etwa 1758 auf der Stelle der jetzigen Villa Katharina im Weißbach-Tale erbaut und enthielt nur 2 Räder, an denen böhmische Schleifer ihre Kunst zuerst ausübten. Später stieg die Zahl der Schleifmühlen auf 22 mit mehr als 300 Arbeitern. Da nun die Glashütte Karlstal den Bedarf an Glas nicht mehr befriedigte, wurde 1794 eine zweite in Hoffnungstal angelegt, die 1821 abbrannte, im folgenden Jahre von den Gebrüdern Jonathan und Benjamin Matterne wieder aufgebaut und gemeinschaftlich betrieben wurde.

1842 trat zu den bisherigen noch die großartige reichsgräflich Schaffgotsch`sche Glasfabrik Josephinenhütte (genannt nach der damaligen Grundherrin, Reichsgräfin Josephine von Schaffgotsch), die unter der Leitung des Herrn Franz Pohl aus Neuwelt in Böhmen zu höchster Blüte gelangte und ihre Kunsterzeugnisse nach allen Weltteilen versandte.

Von diesen 3 Glashütten besteht hier heute nur noch die letztgenannte, die in der Nachkriegszeit mit der Fa. Heckert-Petersdorf und Neumann-Stäbe-Hermsdorf (Kynast) unter dem Namen Josephinen-Hütte A.G. in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

Im Jahre 1843 bestand der Ort schon aus 7 Bauerngütern, 20 Gärtnerstellen und 350 Häusern, worin 2995 Evangelische und 533 Katholische wohnten.

Von dem hiesigen ersten Schulwesen ist sehr wenig bekannt. Die Vermutung liegt nahe, daß gleich nach der Erbauung der evang. Kapelle, 1488 in Nieder-Schreiberhau, an derselben ein Schreiber oder Küster angestellt war, der zugleich das Amt eines Lehrers versehen hat. Nach Wegnahme der Kirche wurde ein katholischer Lehrer eingesetzt. Der evangelische Schulunterricht konnte jedoch nicht gänzlich unterdrückt werden und alte Überlieferungen zufolge hat in dieser Zeit ein frommer Mann, Hans Georg Liebig, in einer Dachkammer des sogenannten großen Hauses „in den Bränden“, (früher wurden hier Holzkohlen gebrannt), die Kinder heimlich unterrichtet. Desgleichen wurden an irgendeinem verborgenen Orte, z.B. in einer Schlucht zwischen Schreiberhau und Petersdorf sogenannte Buschpredigten von fremden evangelischen Geistlichen abgehalten.

Erst im Jahre 1740, nach Einzug Friedrich des Großen in Schlesien, wurde die freie Religionsausübung hier wieder gestattet.

Von den anderweitigen früheren Schicksalen des Ortes sei noch erwähnt:

Wasserfluten, die in dem nahen Petersdorf bisweilen verheerend wirkten, haben hier früher niemals bedeutenden Schaden angerichtet, doch haben schwere Gewitter und Feuersbrünste die Bewohner oftmals in Schrecken versetzt.

Der im Jahre 1806 mit Frankreich ausgebrochene Krieg berührte auch den hiesigen, von derartigen Beschwerden bisher verschont gebliebene Ort.

Im Spätherbst 1806 sammelten sich aus verschiedenen, in jenem unglücklichen Kriege aufgelösten preußischen Regimentern, mehrere hundert Soldaten, die auf den Feldern oberhalb des kath. Kirchleins in Nieder-Schreiberhau eine Art Lager errichteten und sich auf eine ernstliche Verteidigung einzurichten schienen. Die Bewohner des Ortes hatten aber von ihren Verteidigern unsäglich viel zu leiden und waren froh als diese, nach der Kapitulation von Glatz, bei Annäherung der Bayern, Württemberger und Sachsen, den Ort fluchtartig verließen.

Im Befreiungskrieg 1813 zogen hier nur wohlgeordnete Truppenteile der Verbündeten durch und wurden von den Bewohnern bestens verpflegt.

Während in früheren Zeiten die Glasindustrie die Haupteinnahmequelle der Ortseinwohner bildete, ist jetzt die Fremdenindustrie mit ihren vielen Fremdenheimen, Gaststätten und Heilanstalten, die dem Ort ein anderes modernes Gepräge verliehen hat.

Obwohl der Ort und besonders das Gebirge schon früher alljährlich von vielen Wanderern bereist wurde, der Wintersport kam damals noch nicht in Frage, sind die ersten Sommergäste mit etwas längerem Aufenthalt erst seit etwa 1867 zu verzeichnen.

Das erste Hotel wurde 1869 erbaut. Es ist dies das Königs Hotel. Aber schon in den siebziger Jahren wurden von auswärts wohnenden Herrschaften einige Landhäuser für längeren eigenen Sommeraufenthalt errichtet.

Anfang der neunziger Jahre setzte eine außerordentliche Bautätigkeit ein, die sich nach der Fertig- stellung der Eisenbahn von Petersdorf über Schreiberhau nach der Landesgrenze (1902) noch steigerte. Die Eisenbahn fuhr von 1892 ab nur bis Petersdorf.

Heute besitzt der Ort fast 8000 Einwohner, also das Doppelte wie vor ca. 50 Jahren. Im Jahre 1910 wurde mit dem Bau der Wasserleitung begonnen, der mehrere Jahre währte, und durch die der Ort in seiner gesamten riesigen Ausdehnung, in vielen zerstreuten Ortslagen, mit gutem Trinkwasser versehen wird.


Verfasst von G. Matterne