„Wo der Kemnitz blanke Welle“

Altkemnitz und seine Geschichte von der Entstehung bis zur Mitte des 19.Jhts.

Von W. Krischke - - - -Wangen/Allgäu

 

 

 

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„Kurze Geschichte der Parochie Alt-Kemnitz bei Hirschberg, abgefaßt und zum bleibenden Andenken an das 100- jährige Kirchweihfest, den 2.October 1843, seinen geliebten Gemeinden zu Alt-Kemnitz, Hindorf und Neu-Kemnitz übergeben von Johann Christoph Thomas, evang.Pfarrer.“

 

Erster Zeitraum bis 1654 Altkemnitz und die Schaffgotsche.

Unser Dorf Kemnitz ist uralt. Es kann seinen Anfang schon im 9. Jahrh. n. Chr. Genommen haben. Sein Name ist aus dem Slawischen entlehnt und bedeutet „Steinbach“. In alten Schriften heißt es „Kameniz“, Kempnitz, Chemnitz. Später entstand das „neue Kemnitz“ und „Hinter-Kemnitz“, das spätere Hindorf. Die alte Burgruine, inmitten des Dorfes gelegen, ist der Überrest eines uralten Schlosses, welches im 9. Jhd. Erbaut wurde. Hier hatten die schlesischen Fürsten einen Kastellan. 1241 ließ Herzog Boleslaw der Kahle dieses Schloss mit bequemen Zimmern und gewölbten Sälen versehen. Er gab es sodann seinem bisherigen Kastellan Sibot von Schoff als erbliches Lehen. Urkunde darüber ist ausgestellt zu Breslau im Jahre 1243. Es ist daher dieses Schloss als das Stamm- Schloss des berühmten hochreichsgräflichen Hauses von Schaffgotsch anzusehen. Laut Aufzeichnung war es z.Z.des 30-jährigen Krieges noch ein befestigtes Schloß. Bei der Belagerung Hirschbergs im Jahre 1640 legte der schwedische General Stahlhaus eine Besatzung in das hiesige Schloss, die aber in blutigen Kämpfen von den Kaiserlichen vertrieben wurde. Von den Nachfolgern Sibot von Schoff seien hier drei genannt: Johannes, Heinze und Ulrich Schoff.  Sohn des Letzteren war der Ritter Gotsche Schof der Erste. Er fundierte im Jahre 1370 den Altar der heiligen Katharina in der Kirche zu Kemnitz.

Gotsche Schoff der Zweite erwarb sich durch ritterliche Taten u.a. Warmbrunn und Greifenstein. Er vermachte 1389 die drei Kemnitze, Alt-Kemnitz, Neu-Kemnitz und Hinter-Kemnitz , seiner Gemahlin Anna von Berka als Leibgedinge. Er satrb 1419, seine Enkel setzten ihrem Namen Gotsche den Geschlechtsnamen Schaff bei und nannten sich von nun an  die Schaffgotsche. Dies geschah, um sich von den anderen Linien hervorzuheben. Gotsche Schoff der Zweite hinterließ 3 Söhne, von denen Heinrich Schoff die Kemnitzer Herrschaft bekam. Dies war z.Z.der Husittenkriege. Sein Sohn Johannes schaffte u.a. in der Neu-Kemnitzer Kirche den Taufstein an. Mit seinen beiden Söhnen Henze, gest.1500 und Peter, gest.1503, starb jedoch diese Linie aus. Beide ruhen in der kathol. Kirche. Die Herrschaft Kemnitz kommt nun an die Fischbacher Linie. 1) Kaspar von Schaffgotsch, gest.1534,  2) Kaspar von Schaffgotsch ohne Zeitangabe,  3) Christoph von Schaffgotsch, um 1600.

Er starb 1601. Seine Witwe heiratete 1606 im Kemnitzer Schloß den Grafen Johann Georg von Hohenzollern-Sigmaringen. Aus ihrer 1.Ehe stammt der berühmte Freiherr Johann Ulrich von Schaffgotsch, geb.1595 zu Greifenstein. Am 23.06.1614 erfolgte seine Huldigung in Kemnitz. Sein Vetter Bernhard von Schaffgotsch, wurde am 17.Dez.1615 in einem finsteren Gange des hiesigen Schlosses von seinem Leibdiener, einer Ohrfeige wegen, mit dem Rapier erstochen. Der Mörder wurde gevierteilt, und auf dem Galgenberge wurde jedes Viertel extra gehangen.

Am 20.August 1616 brannte das uralte Schloß bis auf die Grundmauern ab. 1617 gab es eine große Teuerung in der Gegend, wobei sich der Grundherr als sehr wohltuend erwies. Am 25.Oktober 1620 brachte er seine Frau Barbara Agnes von Liegnitz und Brieg , die er beim Ritterspiele auf Greifenstein kennengelernt hatte, auf Kemnitz. Johann Ulrich erhielt im Jahre 1627 für seine hervorragenden Verdienste vom Kaiser fast alle Privilegien eines Fürsten. Er kam einige Jahre später in den Verdacht, mit Wallenstein ein Bündnis geschlossen zu haben, und da er ein eifriger Protestant war, wurde er am 24.Februar 1634 in Ohlau gefangen genommen. Von hier aus wurde er nach Glatz geführt, von da nach Budweis i.Böhmen, nach Wien und schließlich Regensburg. Hier wurde er am 23.Juli 1635, obwohl er seine Unschuld beweisen konnte, enthauptet. Seine 2 Kinder befanden sich in Kemnitz, wurden aber auf kaiserlichen Befehl nach Ollmütz gebracht, von Jesuiten katholisch erzogen. Kemnitz wurde kaiserliches Kammergut. So wurde es nach kurzer Zeit an den ungarischen Grafen von Palfy verkauft. Das zur Kemnitzer Herrschaft gehörende Hindorf ist in 2 Urkunden von 1371 und 1389 erwähnt, wo es als Hinterdorf bezeichnet ist. Neu-Kemnitz wird erstmalig 1370 genannt.

Der zweite Zeitraum von 1654  bis  1741.

Eine sehr traurige Zeit kam nach der Vertreibung ihrer Seelsorger für die evangelischen Bewohner der Ortschaften Alt-Kemnitz, Neu-Kemnitz und Hindorf. Kaiser Ferdinand der Dritte hatte sich hier, wie überhaupt in den beiden Fürstentümern Schweidnitz und Jauer vorbehalten, in religiösen Sachen nach seinem Willen zu verfahren. Dies war im Westfälischen Frieden verankert, obwohl die Bevölkerung unserer engeren Heimat überwiegend evangelisch war.

Die Zahl der in Schlesien damals den Evangelischen entzogenen Kirchen beträgt 578. Große Leiden und Verwüstungen brachte der 30-jährige Krieg. Aber noch größeres Herzeleid empfanden unsere Voreltern, als sie 87 Jahre hindurch keine öffentlichen Gottesdienste nach ihrer Anbetungsweise halten durften. Die Schulen waren verboten, die Andachtsbücher beaufsichtigt. In jene Zeit fallen die Bußprediger, siehe Pfarrstein bei Voigtsdorf. Man reiste bis in die Lausitz und Probsthain, um Gottes Wort zu hören. 1709 wurde durch Vermittlung König Karls des 12. von Schweden die Hirschberger Gnadenkirche erbaut. Die Kemnitzer Grundherrschaften waren in dieser Zeit katholisch. Gewöhnlich wohnten sie weiter weg. Es wird berichtet, daß das Los der evangelischen Gemeinden, auch durch edeldenkende und der christlichen Nächstenliebe folgende, katholische Pfarrer und Lehrer erleichtert wurde. Zum Teil besuchten evangelische Kinder katholische Schulen. Glaubensstarke Protestanten lehrten die Kinder heimlich. Im Jahre 1630 wurde u.a. das neue Schloß, welches von einem großen Garten umgeben ist, erbaut.

Der dritte Zeitraum von 1741 bis 1843.

Als am 16.12.1740 Friedrich der Große in Schlesien erschien, verkündete er, daß jeder seinen Glauben frei bekennen dürfe. Diese Botschaft drang auch ins Kemnitztal. Mit Genehmigung der Grundherrschaft und ausgerüstet mit der Vollmacht der Gemeinde reisten zwei Deputierte am

21.02.1741 in das Lager des Prinzen Leopold von Dessau nach Rauschwitz vor Glogau. Es waren dies die Ortsrichter Christoph Gebauer und der Gärtner und Kramer Gottfried Enge. Sie nahmen den Kandidaten Dittrich aus Hirschberg mit zur Ordination, dem die beiden Gemeinden Alt-Kemnitz und Hindorf die Vocation zum hiesigen Predigeramte übergeben hatten. Denselben erhielten sie nicht, da wegen der Kürze der Zeit kein Examen mit ihm vorgenommen werden konnte. Aber ihr Gesuch wurde am 23.Febr.1741 dadurch erhört, daß der an diesem Tage ordinierte Kandidat Großmann zum Prediger in Kemnitz und Reibnitz bestimmt wurde. Der erste öffentliche evangelische Gottesdienst wurde am 2.Ostertage 1741 unter freiem Himmel abgehalten. Dies geschah an der Stelle, wo unsere heutige evangelische Kirche steht. Kemnitz war neben Reibnitz, Friedeberg und Lähn die erste Gemeinde im Gebirge, die einen evangelischen Pfarrer hatte. So kamen die Gläubigen aus Spiller, Johnsdorf, Krommenau und Seifershau zur Kemnitzer Pfarrstelle. Die Grundherrschaft zu dieser Zeit   hatte der Graf Zirotin aus Mähren. Im Sommer 1743 begann der Bau des evangelischen Bethauses. Am 18.08.1794 kommt Kemnitz an die Linie der sächsischen Reichsgrafen von Bressler, in der es bis in die spätere Zeit blieb. Es kommt nun die Franzosenzeit. Am 26.05.1813 meldete der Donner der Geschütze wie nahe der gefürchtete Feind war. Die Löwenberger und die Bunzlauer, die geflüchtet waren, klagten und jammerten, wie grausam der Feind wäre. Es war wohl das ängstlichste Pfingstfest, was die Alt-Kemnitzer bis zu diesem Zeitpunkt erlebten. Der Ansturm ging vorüber. Doch am 9.Juni kamen 500 Mann und besetzten das Dorf. Sie stellten große Forderungen, ein Stück Vieh um das andere wanderte in die Feldküche. Wenn ein Trupp gesättigt war, kam der Nächste. Nach zehn Wochen waren Keller, Scheune und Stall leer. Der Krieg ging aber weiter. In Reibnitz lagen die Russen. Am 16.08. früh 3 Uhr wurden die Franzosen überfallen. Es fiel Schuß auf Schuß, Kosaken und russische Infanterie griffen an. Schließlich mußten sich die Franzosen geschlagen zurückziehen. So stand unser Dorf im Brennpunkt des Kampfes. Am 19.08. kamen schon damals die Russen ins Dorf. Wer gesund war lief und nahm mit, was er konnte, aber die Mütter mit ihren kleinen Kindern, die Alten und Kranken waren ihnen ausgeliefert. Erleichtert atmete das Dorf wenige Tage darauf auf, als der Feind abzog. Es gab 8 Tage Ruhe.   26.08.- Die Feinde wollen in Hirschberg Beute machen, ein unaufhörlicher Regen machte den Bach zum reißenden Strom. So lagerten sie sich

am Gänseberg und holten aus dem Niederdorf, was sie nur holen konnten. Als die Nachricht von dem Sieg an der Katzbach ankam, zogen sie endlich ab. Auf dem Gänseberg sah man in unserer Zeit noch die Schützengräben der Franzosen. Hier stand der Franzosenstein. Auf der anderen Seite des Dorfes, der Harte, stand der Russenstein. In der Schule hing im ersten Klassenzimmer hinten in der Ecke eine verwitterte Holztafel:

LIMITE del ARMEE FRANCAISE

 

Entnommen aus „Schles.Bergwacht“1955