Die Einweihung des „Elbrunnens“ (Elbquelle) im Jahre 1684

von Erhard Krause


Die in 1346 m Höhe auf der Elbwiese gelegene, brunnenartig gefaßte „Elbquelle“ mit Schutzhütte bildet zwar nicht den eigentlichen Anfang des Elbseifens (dieser liegt noch einige Schritte höher bei 1350 m), doch ist dieser seit der feierlichen Einweihung durch den Bischof von Königgrätz am 19.Sept. 1684 allgemein unter dem Namen „Elbbrunnen“ bekannt und besucht. Bischof von Königgrätz war damals Freiherr Johann von Tallemberg , der anläßlich eines Besuches bei dem Grafen Paul von Morzin zu Hohenelbe über Rochlitz auf die Elbwiese gestiegen und dort die Weihe des Brunnens vorgenommen hatte. Über diese, für die damalige Zeit sehr schwierige Bergfahrt, die noch dazu bei „schlimmen Wetter“ stattfand, berichtete der Bischof dem Grafen v. Morzin in einem eigenhändigen, hochinteressanten Schreiben, aus dem wir nachstehend einige Auszüge wiedergeben.


Nachdem sich der Bischof in seinem Brief zunächst für die „zwei Kameel“ (Kamele) bedankt hat, die ihm der Graf zu „überschicken beliebt“ hatte (Anmerkg.: Diese hatte Graf Paul v. Morzin von den Kämpfen bei der Befreiung Wiens im Jahre 1683 von dort mitgebracht), berichtet er über seine Ankunft in Starkenbach, wo er übernachtete, und am anderen Tag, ungeachtet des schlechten Wetters, früh zeitig nach dem Riesengebirge aufgebrochen ist. Sein Zelt und die Kapellen hatte er schon am Abend vorausgeschickt. „Meine Leut“, so schreibt er, „sein aber so langsam marschiert, daß ich selbe zu Rochlitz noch angetroffen habe. Um unseren Weg zu beschleunigen, habe ich alldorten Leut gedingt, die meine Kapellen stückweis zertheilten und einen Tisch auf das Riesengebirg getragen. Und mein Zelt das habe ich auf ein Kameel laden lassen, ich aber nebst einem Pater Jesuviter und einem von meinen Kapelan und etlichen von meinen Leuten bin, obzwar in stetem Regen, jedoch glücklich ungefähr gegen ein Uhr nachmittags hinauf kommen, allwo uns der Rübezahl ein Stückel erwiesen. Denn obwohlen wir alle Notwendigkeiten zum Feueranmachen mit uns gehabt, so ist es doch nit möglich gewest, vor einer großen guten halben Stunde das Feuer anzumachen; inzwischen war aber eine solche Kält`und rauher Wind, als wie mitten im Winter. An diesem war noch nit genug, denn mein Kameel ist mitten am Berg mit dem Zelt niedergefallen und hat auf keine Weis` wollen aufstehen, daß also die Leut welche mitgewesen, vier Bäume abhauen müssen und das Zelt darauf gelegt und bis hinauf getragen. Wie selbige hinauf kommen, so haben wir das Zelt aufrichten wollen; und wie wir die Zeltstangen suchen, so haben selbige meine unachtsamen Leut` zu Starkenbach vergessen, daß ich also gezwungen worden einen von den Bäumen anstatt den Zeltstangen zu gebrauchen.

Es hat uns aber der Rübezahl abermals einen Possen gemacht. Denn wie wir das Zelt von allen Seiten schon perfekt aufgerichtet und befestigt gehabt, hat sich ein solcher Sturm erweckt, daß er den Baum, auf welchem das Zelt gestanden, in der Mitten ganz entzwei gebrochen und das Zelt niedergefallen ist, sodaß ich schon zu zweifeln angefangen, ob ich werde die heilige Messe, wie ich mir vorgenommen, alldorten zelebrieren können. Jedoch bin ich nit kleinmüthig worden, sondern habe das heilige Kreuz sowohl über das Zelt, als auch über den anderen Baum, welcher etwas tiefer als der vorige, gemacht und mit Hilfe der gegenwärtigen Leut, etwa zweimal so lange, was man miserere ausbeten konnte, das Zelt wiederum glücklich aufgerichtet, den Altar alldorten zubereitet.

Und wie ich schon zur heiligen Messe angelegt gewesen, dem alldortigen Volk eine Exhortation gemacht und damit uns Gott weiter Glück geben sollte, selbiges eifriger ermahnet. Nach diesem habe ich die heilige Meß vollendet und nach Vollendung derselben bin ich zur Weihung des Brunnens bis zu dem wahren Ursprung der Elbe geschritten. Es geschah aber eine seltsame Sach`, welche schier einen halben Mirakel zu vergleichen. Denn wie trüb und schändlich das Wetter gewesen, so hat es sich doch post finitos exoreimos - - - in einem Augenblick völlig verloren, die Sonne ganz hell und licht geschienen, daß wir das andere Gebirg gleich wie einem schönen Paradies mit Lust ansehen und ich das Übrige der Benediction mit meinem höchsten Vergnügen und Trost habe vollbringen können.

Nach Vollendung desselben haben wir alle, so zugegen gewesen, aus dem gebenedeiten Elbebrunnen getrunken und hernach habe ich das wenige, was ich von einer kalten Kuchel mitgehabt, sowohl meiner als Eurer Liebden Officierer nach Möglichkeit mitgetheilt und mich weiter nicht lang aufhalten wollen, sondern weil es unmöglich gewesen, wegen des glatten Weges herunter zu reiten, haben sie aus dem Tisch eine Trage gemacht und haben allezeit acht Personen umgewechselt und mich herunter getragen. Wie wir aber schon außerhalb des Waldes und schon mehr bei Rochlitz waren, so sind zwei von denen Kerlen gestolpert und ich bin ziemlich hoch herunter geflogen, jedoch ohne Schaden und glücklich, Gott Lob! auf die Füß`gefallen und gegen halber Neune auf Rochlitz kommen, allwo mich die Frau Wittib mit einem guten Abendmahl bewillkommet hat. Ich bekenne, daß mir das Essen diesmal gar wohl geschmeckt hat. Und was mich noch mehr gefreut, ist gewesen, daß das Volk aus Begierd, mich zu sehen, in einer großen Menge zusammen gekommen und ich die Gelegenheit gehabt, diesem scheuen Volk eine Predikt aus der Wildnis, nämlich von der Bekehrung und Marter des heiligen Eustachii und seiner Mitgesellen, zu machen und daß diejenigen, welche von meiner anfangs sich versteckt und mich geflohen, nach der Predikt von selbsteigenem freien Willen zu mir gekommen , mir die Hand geküßt, gedankt, gebeten, daß ich bald wieder unter sie kommen möge, und mich mehr denn eine große „viertel Meil“ Weg, viele aus ihnen weinend, aus Rochlitz begleitet. Und dies ist die Beschreibung meiner Reis`im Gebirg - - - - .

Soweit das auszugsweise wiedergegebene Schreiben des Bischofs, das uns sozusagen aus erster Hand ein anschauliches Bild von dieser Denkwürdigen Zeremonie im Riesengebirge vermittelt. Genau 200 Jahre später am 19. Sept. 1884 , fand zur Erinnerung an das historische Ereignis eine abermalige Einweihung des Elbebrunnens statt, die von dem bischöfl. Consistorialrat und Canonicus Wenzel Weber unter der Assistenz der Pfarrer Vincenz Kröhn (Groß Aupa) und Franz Lang (Spindelmühle) vorgenommen wurde. An dieser zweiten Feier nahmen über 600 Menschen, darunter mehrere Schulklassen aus den umliegenden Riesengebirgsorten und viele Touristen teil, die nach erfolgter Segensspendung alle von der Quelle tranken. Zu der vom Bischof von Königgrätz beabsichtigten Errichtung einer Gedenksäule, die an die erste Einweihung des Brunnens erinnern sollte, ist es nicht gekommen. Dafür wurde eine andere aufgestellt, als die Erzherzöge Joseph und Rainer in den Jahren 1804/05 die Quelle besuchten, doch ist von dieser keine Spur mehr vorhanden. 1809 besuchte auch der Dichter Theodor Körner die Quelle, der sie in einem Sonett, betitelt „Am Elbebrunnen“ besungen hat. Das Wasser der Bergquelle, das gegen ein kleines Trinkgeld in der Schutzhütte nebenan kredenzt wurde, hat selbst im Hochsommer eine sehr niedrige Temperatur. An dem Brunnen führt der „Pietteweg“ vorbei auf den ein Wegstein mit Metalltafel und Widmung Bezug nimmt.



Aus „Schles.Bergwacht“, SB1963/N25/S455