Durch Schwarzbachs Fluren

von R. Brinke (Lehrer) 1954

 

 

 

Bei meinem Rundgang durch unsere Fluren darf ich die Namen einiger Ackerstücke nicht vergessen. Im Gutslande sind unter anderem zu nennen: Schäferstück und Schäferbrache. Diese beiden Flurnamen gehen in ihrer Bedeutung in die Zeit zurück, als noch auf allen Gutshöfen der schlesischen Dörfer Schafzucht betrieben wurde. Sie war damals ein wichtiger Zweig der Viehwirtschaft. In nächster Nähe liegt das „Schinderstück“. Dasselbe war ehemals ein von wildem Strauchwerk und wüsten Gestein übersätes Land. Die Umwandlung dieser wüsten Stelle in Ackerland , erforderte zähe Arbeit und kostete viel Schweiß. Die Bearbeiter desselben mußten sich bei ihrer Arbeit tüchtig schinden (anstrengen), und so kam das Ackerstück zu seinem Namen. Kurz nennen will ich noch „das Pilzstück“ , „im Gründel“, „die Teichlehne“ und „am Krähenhübel“. Einen geschichtlichen Hintergrund besitzt der Flurname „der Oesterreicher“ im Kretschamgelände.

Im siebenjährigen Kriege wurden Hirschberg und die Dörfer um Hirschberg oft von österreichischen Soldaten heimgesucht. So lag eine Zeitlang eine Abteilung im offenen Lager – südlich vom Grünbusch - , das sich bis auf Schwarzbacher Gelände erstreckte. Nicht vergessen darf ich die vielen Teichnamen in unserer Flur. Schon vor mehreren Jahrhunderten gehörten zum Gute Schwarzbach mehr als 20 Teiche, die das Gut durch einen Fischmeister betreuen ließ. Diese Teiche lagen zu beiden Seiten des Dorfbaches und auch verstreut im Dorf- und Gutslande. So oberhalb des Oberdorfes und im Oberdorf: Oberteich, Großteich, Oberdorfteich, Mitteldorfteich und Bleichteich. Am Schillerbusch: Die Schillerteiche, Fichtenteich und Heideteich. Zwischen Gut und der alten Mühle: Die 3 Mühlenteiche. Ums Gut herum: Schloßteich, Küchelteich, Schmiedeteich, Pilzteich und die Hinterteiche. Und zwischen Schmiedeberger Straße, Grünbusch und Finkenberg: Bärteich, Quarkteich und Neuteich. Die „Teiche“ in Bauers Eichen und die „Seifferteiche“ gehörten nicht zum Gute.  

Im Tal der Schwarzbach, einst Sumpfland, ließen sich leicht Teiche anlegen. Die Teichwirtschaft brachte dem Gute hohe Erträge ein. Für guten Fischabsatz sorgte sogar die Kirche mit den langen Fastenzeiten und den vielen Fastentagen innerhalb eines Jahres, die streng innegehalten werden mußten. In den fleischlosen Tagen und Wochen des Jahres erfreuten Fischgerichte der verschiedensten Fischarten die Tafel der Geistlichkeit, des Adels und des besseren Bürgerstandes.

Zu den Arbeiten, die durch die Teichwirtschaft entstanden, zog die Gutsherrschaft sämtliche Bewohner des Dorfes vom Bauern bis zum Tagelöhner heran. Sie mußten zu den Teicharbeiten kommen, so oft sie verlangt wurden. Der Aufforderung des Hofeheißers: „Morgen fischen!“ mußte stets gefolgt werden. Da gab es keinen Widerspruch. Die Teicharbeiten gehörten nämlich zu den „ungemessenen Diensten“. Mit ihren Gespannen holten die Bauern des Dorfes auf Geheiß der Gutsherrschaft den Fischsamen, brachten die gefangenen Fische zu den Verkaufsstellen – oft bis Schweidnitz – und bestellten die Aecker an den Teichlehnen. Für das Bewachen der Fische in den Fischbehältern während der Fangzeit erhielten die Schöffen – als Vertrauensleute – welche die Wache stellten, für eine Nacht Wachzeit je einen Karpfen.

Die Teichwirtschaft bildete einige Jahrhunderte lang einen wichtigen Wirtschaftszweig des Rittergutes. Wann dieser aber sein Ende fand, kann nicht mehr festgestellt werden. Wir aber, und  schon mehrere Geschlechter vor uns kannten diese Flurstücke bis auf den an einen Hirschberger Wassersportverein in Pacht gegebenen „Neuteich“ nur als üppige Wiesenflächen, welche die Stadt Hirschberg als Eigentümer des Rittergutes an Besitzer des Dorfes verpachtet hatte. Eine Ausnahme bildete der „Großteich“. Er zeigte zur Hälfte schönen Waldbestand. Die vielen großen und kleinen Wasserflächen brachten damals eine lebendige Abwechslung in das Landschaftsbild. Im Schilf nisteten Wildenten und Taucher und belebten die Wasserflächen. Wasserpflanzen, wie z.B, Wasserrosen, zeigten ihre leuchtenden Blüten. An den Ufern standen Erlen und Weiden, die sich im Wasser widerspiegelten. Bei Hochwasser in unserer Zeit standen fast sämtliche Teichwiesen unter Wasser. So muß ehemals das Dorfbild immer ausgesehen haben. Uns erinnerten nur noch die anfangs genannten Teichflurnamen und die zum Teil sehr gut erhaltenen Teichwälle an die Zeit, da Schwarzbach wohl mit Recht ein Teichdorf genannt werden konnte. Wer mit offenen Augen durch unsere Fluren wanderte, konnte noch die vielen tiefliegenden Teichwiesen und die Teichdämme sehen. Der Teichdamm am „Großteich“ ist in der Krone noch so breit, daß ein schweres Fuhrwerk recht bequem darauf fahren kann. In der Nähe der „Fünfhäuser“ liegen die drei Lehmlöcher, die vor vielen Jahrzehnten den Lehm zur Herstellung von im „Alten Ziegelofen“ gebrannten Ziegeln lieferten. Bis vor dem ersten Weltkrieg waren alle drei Lehmlöcher noch mit Wasser gefüllt und der Pächter des Gutes hatte eine Karpfenzucht angelegt. Das war ein kläglicher Rest von der einstmals so blühenden Fischzucht. Während das eine Lehmloch auch weit später noch ständig Wasser hatte, trockneten die beiden anderen Löcher im Sommer völlig aus.

Als der durch Lehrer Altmann ins Leben gerufene Turn-und Sportverein einen Sportplatz brauchte, und die Gemeinde kein Land zur Verfügung stellte, wurde das eine Lehmloch in selbstloser Arbeit sämtlicher Turnbrüder entwässert, planiert und zu einem erstklassigen Sportplatz hergerichtet. Später aber ließ die Stadt Hirschberg auf diesem Gelände Baracken für Hirschberger Familien errichten.

Wandern wir auf der Dorfstraße noch einmal durch unser Dorf, so ist bald links, bald rechts unser ständiger Begleiter der Dorfbach, die Schwarzbach. Sie ist kein Gebirgsbach, wie z.B. Lomnitz und Zacken. Sie kommt aus dem Lomnitzer Pfarrteich. Sie hat auch nicht den reißenden Lauf wie andere Gebirgsbäche, ihr Wasser hüpft nicht über Steine und Felsen. Sie fließt auch nicht rasch über weißen Sand und sauber gewaschene Kiesel dahin, und trotzdem halten sich Forellen darin auf. Ihr Fußbett-Untergrund weist Moorboden auf, zum Teil ist er auch mit dunklen Wasserpflanzen bedeckt. Das Bachwasser sieht deshalb immer recht dunkel, beinahe schwarz aus. So nannten die Dorfbewohner sie früher nicht mit Unrecht „die schwarze Baache“ (langes a). bei Hochwasser zeigte sie sich von einer recht unangenehmen Seite. Sie riss die Straße auf, nahm Gras und Boden mit und verschlemmte Wiesen und Aecker. An verschiedenen Stellen lief sie dann über die Straße und erschwerte den Verkehr. Zu allen Zeiten aber stellte die männliche Schuljugend den Forellen und Krebsen nach, was natürlich verboten war, deshalb aber um so mehr reizte. Und Hand aufs Herz, ihr alten Herren! Habt Ihr in Eurer Jugend nicht auch diesem Waidwerk gefröhnt? Aber schön waren damals die Zeiten.

 

 

Entnommen aus „Schles. Bergwacht“, SB1953/N11/S05