Das Schweinhaus

Schlesiens größte Burgruine

von P.K.


Unzertrennbar von den Erinnerungen an die schlesische Burgenstadt Bolkenhain und an die sie überragende Bolkoburg ist die Burgruine Schweinhaus, eine knappe halbe Wegstunde von ihr entfernt. Wie oft kamen wir auf der historischen Landstraße an ihr vorbei, wenn wir von Liegnitz über JauerBolkenhainLandeshut ins Riesengebirge fuhren. Dasselbe gilt von den Breslauern, die diese Straße über Saarau in Bolkenhain erreichten. Und wessen Endziel Bolkenhain war, der besuchte auch beide Burgen. Die Ruine Schweinhaus steht, wohl noch heute, dicht an dem Dörfchen desselben Namens. Ganz nahe bei der an Umfang riesigen Ruine spiegeln sich alte Bäume und ein breiter Schilfstreifen in dem brackigen Wasser des sogenannten Burgteiches, der wohl daran erinnert, daß Schweinhaus einstmals eine der schlesischen Wasserburgen war, rings von breiten Wassergräben umgeben, über die man auf Zugbrücken in die Burg kam. Ganz nahe der Ruine lockte eine sehr beliebte große und alte Gartenwirtschaft zu fröhlicher Einkehr. So manchesmal haben wir dort gesessen und den Rucksack gebührend erleichtert.

Ich schrieb diese Erinnerung, weil ich wieder einmal daran dachte, daß diese einstige stolze Burg im Verlauf der Befreiungskriege durch die damals mit Preußen verbündeten Russen schwer beschädigt wurde. Die Burg gehörte bereits damals dem Reichsgrafen v. Hoyos-Springenstein, aus altem böhmischen Adelsgeschlecht. Den damaligen Zerstörungen folgte ein Schloßbrand. Aus dem einstigen schönen und stattlichen Schloß war eine Ruine geworden; für deren Wiederaufbau wollte niemand viel Geld ausgeben, und so wurde sie so etwas wie ein jedermann gratis zur Verfügung stehender Ziegelsteinbruch. Aber selbst nach dieser weitgehenden Zerstörung blieben noch immer stattliche Reste der der einstigen großartigen Hochbauten. Man mußte immer wieder darüber staunen, daß sie nicht schon längst eingestürzt waren, ja daß man in einem Teil dieser Bauten sogar noch Innenräume besichtigen konnte.

Es gilt als sicher, daß Burg Schweinhaus schon Anfang des 12. Jahrhunderts vorhanden war, also schon vor der Zeit, in der die schlesischen Herzöge erstarkten und die Wiedereindeutschung Schlesiens begann, das vor der vorübergehenden Polonisierung sehr lange Zeiträume hindurch von germanischen Stämmen besiedelt war. Mit der Geschichte dieser einstigen Burg eng verbunden war von jener Zeit her das adlige Geschlecht derer von Schweinichen, das weithin verzweigt war und dessen Ahnen sogar mit der sagenhaften böhmischen Königin Libussa in Zusammenhang gebracht wurden. Die auf der nach ihnen benannten schlesischen Burg saßen, waren Vasallen der Krone Böhmens. Später hat sich der Zusammenhang der des schlesischen Zweiges der Schweinichen mit ihrer böhmischen Urheimat zunehmend gelockert. Sie hatten als schlesischer Adel und später besonders am Liegnitzer herzoglichen Hofe eine bevorzugte Stellung.

Unvergessen ist Hans von Schweinichen. Sein Vater war herzoglicher Burghauptmann auf der Gröditzburg, wo Hans 1552 geboren wurde. Der Knabe blieb 6 Jahre auf der Gröditzburg und wurde dann auf das seiner Väter gehörige Rittergut in Mertschütz (Krs.Liegnitz) gebracht. 1562 kam er nach Liegnitz und trat in nahe Beziehungen zum herzoglichen Hofe. Später wurde er der getreue Begleiter, Studien- und Zechgenosse des Sohnes und Nachfolgers des Liegnitzer Herzogs Friedrich des Dritten, also des Herzogs Heinrich des Elften (1560- 1576). Er ist der Verfasser der über Schlesien hinaus bekannt gewordenen Schilderungen vom damaligen Hofleben. Noch in unserer Zeit wurden diese herrlich naiv geschriebenen Denkwürdigkeiten als einmaliges Kulturdenkmal jener Zeiten viel gelesen, belacht und geschätzt.

In ihrer Blütezeit umschloß Burg Schweinhaus etwa 300 Räume. Sie war damit erheblich größer als die Bolkoburg. Obwohl Schweinhaus kein Bergschloß ist, war es doch weithin zu sehen, weil es auf einem langgestreckten Hügel erbaut wurde. Es ist aus dem anmutigen und bewegten Bilde der Bolkenhainer Landschaft nicht fort zu denken. Die ältesten Gebäude der Burg waren, was nur wenig bekannt war, schon niedergelegt worden, als Johann Siegismund von Schweinichen im 17. Jahrhundert den großen Prunkbau errichtete, der das räumlich umfangreiche Bauwerk der Burg war. 1713 ging die Burg in den Besitz des Sebastian Heinrich von Schweinitz über, der letzten Endes auch zum Geschlecht derer von Schweinichen gehörte. Nachdem der Besitz der Burg noch mehrmals gewechselt hatte, kam sie 1790 an den Grafen Ludwig Friedrich Wilhelm von Schlabrendorf und schließlich an die Reichsgrafen von Hoyos- Springenstein, die bis 1945 Besitzer der Burgruine waren.

Wir wissen nicht, wie es heute um die alten schlesischen Schlösser und Burgen bestellt ist. Eine Anzahl von ihnen werden von den derzeitigen polnischen Herren unserer Heimat als „Kronzeugen einstiger polnischer Kultur“ gewertet, vor Verfall geschützt und, soweit sie durch die Ereignisse von 1945 Schaden gelitten haben, sogar wieder aufgebaut. . . . . . . . . . . . . . . . .



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“ 1956/N07/S116

Abschrift von:W.Schön,Mail:genealogie@wimawabu.de, 21.02.06