Das Riesengebirgsmuseum in Hirschberg

von H.K.




Heute, liebe Landsleute, lade ich euch ein, mit mir dem Riesengebirgsmuseum in Hirschberg einen Besuch abzustatten. Leute, da gibt es allerhand zu erzählen und zu berichten.

In der Hauptversammlung des Riesengebirgsvereins zu Landeshut im Jahre 1888 wurde beschlossen, 150 Mark bereitzustellen, um in Hirschberg, einen Raum mieten zu können, in dem alle Schätze gesammelt werden sollten, die Gönner und Freunde dem Verein zur Verfügung stellten: Steine und ausgestopfte Vögel, schlesische Gläser und Schnitzereien, alte Landkarten, alte Bücher, alte Lithographien und Kupferstiche.

Das war Anno dunnemals der Anfang, der nun fast 70 Jahre zurückliegt. Doch die Sammlungen des Riesengebirgsvereins wuchsen an, und bald wußte der verdienstvolle Förderer und Betreuer des Museums – Geheimrat Seydel – mit allen Schätzen nicht mehr wohin. Das erste Zimmer, das für die Unterbringung der Sammlungen im Hirschberger Gymnasium gemietet war, reichte bald nicht mehr aus, 1896 wurden alle diese Gegenstände in eine Vier- Zimmer-Wohnung in der Bahnhofstraße zu Hirschberg gebracht, hier in diesen vier Räumen konnte man nun alles schon übersichtlicher gliedern, denn vielfältig waren die Museumsgegenstände, die hier angehäuft waren. Edelsteine aus dem schlesischen Gebirge, Glasarbeiten aus der älteren Zeit bis zum allerschönsten Kristall aus der Josefinenhütte, Erzeugnisse der heimische Weberei und Stickerei, Hausgeräte und Kirchenschätze, Münzen und alte Pergamente, ach, es gab damals, um die Jahrhundertwende schon viel im Riesengebirgsmuseum zu bewundern, und immer mehr wurde die Bestimmung und Aufgabenstellung des Riesengebirgsmuseum klar ersichtlich, nämlich eine Sammlung zu ergeben, die die ganze Eigenart des Iser- und Riesengebirges zur Geltung zu bringen vermochte.

Aber dem Anwachsen der Sammlungen waren ja keine Grenzen gesetzt, immer wieder brachten Heimatfreunde Gegenstände, die man unmöglich zurückweisen wollte, und so mußte im Jahre 1902 ein Wohnungskomplex von sieben Räumen in der Schulstraße gemietet werden, wo nunmehr alle Sammlungen – neugeordnet und schön übersichtlich anzuschauen – eine neue Unterkunft fanden.

Im Jahre 1912 ging man daran, ein eigenes Heim zu bauen. Baumeister Grosser (Breslau) hatte den Plan entworfen. Ostern 1914 erfolgte die Einweihung des Hauses, das mit einer breiten, schönen Fassade ein besonderes Schmuckstück Hirschbergs unweit des Kavalierberges wurde. Die schönen stilvollen Gewölbe im Erdgeschoss, der geschmackvolle Treppenaufgang, alles das vermittelte einen besonders wirkungsvollen Eindruck, so daß das Museum gerne und immer wieder von unseren Landsleuten wie auch von vielen Fremden, die in unsere Gebirge kamen, aufgesucht wurde.

Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes konnte der Besucher die Erzeugnisse der heimischen Glasindustrie bewundern, die hier, schön übersichtlich in Vitrinen geordnet, aufgebaut waren. Und neben schönen Kunstschmiedearbeiten unserer schlesischen Heimat, neben Erzeugnissen der Holzschnitzkunst war hier im Erdgeschoß auch eine Sammlung, mit der die Kunst des Siegelsteinschnitts erläutert und dargestellt wurde, zu bewundern. In einer Nische des Erdgeschosses konnte man den berühmtesten Steinschneider des schlesischen Gebirges, Friedrich Siebenhaar, den Sohn des gleichnamigen Koppenwirtes, aus Holz geschnitzt, bei der Arbeit sehen. Diese Holzplastik entstammte der Holzschnitzschule in Warmbrunn. Immer wieder wurde sie besonders von den Besuchern umlagert, auch die Kinder mochten sich ungern von dem Anblick des alten arbeitenden Mannes trennen.

Friedrich Siebenhaar hatte einst, als König Friedrich Wilhelm IV. Von Preußen in Erdmannsdorf weilte, ihn in Wachs modelliert und danach in Onyx als Kamee geschnitten. Dafür ernannte ihn der König zum Hofsteinschneider. Die Wachsbossierung kam nach Friedrich Siebenhaars Tode (er lebte von 1814 bis 1875) nach Bautzen und von da im Jahre 1906 nach Görlitz, wo sie den städtischen Kunstsammlungen einverleibt wurde.

Von besonderem Reiz waren auch die beiden Nebengebäude des Museums, das Patrizierhaus mit seiner wohnlich und gemütlich anmutenden Biedermeiereinrichtung, und das kleine Gebirgshäusel, das von der Lebensart der Gebirgler erzählte, als noch der Webstuhl im Hause klapperte, die Großmutter am „Spinnradla“ saß und man von elektrischem Licht, von Radio und Telefon, von Warmwasserheizung und Fernsehgerät noch keine Ahnung hatte.

Das, was einst in jahrzehntelanger Arbeit in diesem Museum angesammelt ward, gehört uns nicht mehr. Vielleicht ist es in alle Winde zerstreut, wie so vieles, was uns ans Herz gewachsen war, den neuen Machthabern in unserer Heimat aber nichts bedeuten kann. Gleichviel – die Museen unserer Heimat, und unter ihnen nimmt das Riesengebirgsmuseum in Hirschberg eine hervorragende Stelle ein – waren ein Zeugnis der d e u t s c h e n Vergangenheit und d e u t s c h e n Kultur unserer Heimat.



Entnommen aus „Schles. Bergwacht“ SB57/N17/S296