Die Cunnersdorfer Feuerwehr und das Dampfkarussell

von Wilhelm Kanbach

 

 

 

Ein spaßiges Erlebnis aus dem Jahre 1910 erzählt von Wilhelm Kanbach.

Im Herbst des Jahres 1910, als ich noch Lehrling bei Tischlermeister K. In Cunnersdorf war, mußte ich immer nach Feierabend einen Starbeutel Schnaps für den Altgesellen im „Landhaus“ holen. Die damalige Wirtin, Frau Kriebel, sagte an einem Abend zu mir: „Junge, sieh doch mal, ist das nicht ein Feuer?“ Eine große Röte und und Qualm in Richtung Walderseekaserne, Sechstätte, Straupitz zu sehen. Ich lief schnell zum Meister – er war damals Obersteiger bei der Cunnersdorfer Feuerwehr -,

dieser öffnete das Fenster und blies Alarm. Ich machte schnell die Werkstatt sauber, und als die Feuerwehr kam, stieg ich mit auf die Spritze. Die Fahrt ging vierspännig mit Petroleumfackeln über Sand, Alte Hoffnung vorbei, Greiffenberger Straße zu den „Brücken“. Als wir dahin kamen, stand am „Berliner Hof“ ein großer Dampfkessel mit viel Licht und Dampf - , ringsum tiefste Nacht. -    

Da kam der alte Polizeimeister Schulze und fragte, wo wir denn hinwollten. Mein Meister sagte schnell: „Zur Nachtübung“. Wir fuhren nun die Berbisdorfer-Straße hinaus nach Straupitz in den „Reichsgarten“ um den „Brand zu löschen“. Dort gab es Grog in Mengen und nach mehreren Stun-

den fuhren wir zurück – Mühlgraben-Straße – in die „Rosenschänke“ , wo der inzwischen wieder „entfachte Brand“  mit weiteren Grogs tüchtig gelöscht wurde. Mich hatten die Feuerwehrmänner schon an den Spritzenbalken gebunden, damit ich nicht verloren ging. Spät in der Nacht ging es dann so leise wie irgend möglich bei Bauer Siegert an der Rosenau hintenherum ins „Spritzenhaus“ und jeder suchte seine Wohnung auf. Am anderen Morgen fragten die Nachbarn: „Wann ist denn die Feuerwehr zurückgekommen?“

Zwei Tage später aber war im „Boten“ zu lesen: „Die pflichttreue Feuerwehr eines Nachbarortes ist zum Dampfkarussell am „Berliner Hof“ löschen gefahren.“ - Ich habe bis heute keinem verraten, wer der erste Hornist war, weil sonst mein Meister beim nächsten Brandapell am Sonnabend darauf ein Faß Bier hätte auflegen müssen. Als Schweigegeld erhielt ich 1 Taler.

Dies als lustige Erinnerung an die gute, alte Zeit, für all` die Männer, die an der „Fahrt“ beteiligt waren.

 

 

Entnommen aus: „Schles. Bergwacht“ 1955