Schmiedeberg in seiner Blütezeit

Ein Rückblick über die Entwicklung der Stadt

von W.Schm. (1960)


Eingebettet im lieblichen Tal der Eglitz und langgestreckt zwischen den hohen Bergen und den dunklen Wäldern des Riesengebirges liegt das Städtchen Schmiedeberg, bewacht und beschützt von der Schneekoppe und deren sanft abfallenden Vorläufern. Es ist schon ein recht altes Städtchen, denn bereits im Jahre 1513, nachdem lange vorher Bergknappen unter ihrem Bergmeister Lorenz Angel sich dort angesiedelt hatten, verlieh der böhmische König Wladislaus, dem in seinen Anfängen nach den Verhältnissen dieser Zeitepoche wahrscheinlich schon gut entwickelten Flecken, die Stadtrechte. Die ersten Ansiedler hatten reiche Eisenerzlager im Schoße des „Ochsenkopfes“, einem Berg im nordöstlichen Tal der Eglitz entdeckt, förderten sie zutage und schmolzen sie in den für unsere heutigen Begriffe höchst primitiven Öfen. Es entstanden sogenannte Hammer- und Klopfwerke, die das gewonnene flüssige Eisen zu Werkzeugen der zu jener Zeit gebräuchlichen und benötigten Arten verarbeiteten. Dazu stellte ihnen der Eglitzbach, der in den Bergen unterhalb der Grenzbauden entspringt, die notwendige Energie. -


So entwickelte sich aus diesen primitiven Anfängen heraus das „Smedewerk“, wie es in alten Zeiten genannt wurde, nach und nach zu einem betriebsamen Städtchen unter Ausnutzung der Urstoffe, die unsere alte Mutter Erde den fleißigen Menschen zur Verfügung stellte.


Andere Industrien, Gewerbetreibende und Handwerker siedelten sich an und auch bäuerliche Betriebe entstanden bald. Die Einwohnerzahl stieg von Jahrzehnt zu Jahrzehnt und der Flecken nahm bald stadtähnliche Formen an. Es wurden Kirchen und Schulen für beide Konfessionen und das Rathaus gebaut und, hervorgerufen durch den Fleiß der Bürger, die bald zu hohem Ansehen und zu Vermögen kamen, entstanden ansprechende Patrizierhäuser. Straßen wurden gebaut und bald gaben die zu beiden Seiten entlang der Eglitz entstandenen aneinandergefügten Häuser dem Stadtkern ein gewichtiges Gepräge, Das Stadtbild ließ bald darauf schließen, daß die Einwohner Schmiedebergs, besonders die Kaufleute es verstanden, regen Handel mit den Erzeugnissen ihrer Betriebe, besonders der inzwischen heimisch gewordenen Leinenindustrie, bis in die entferntesten Länder zu treiben. Kaufleute wie „Hasenclever“ machten ihrem Namen auch noch sehr viel später durch ihre den Armen und Bedürftigen der Stadt ausgesetzten hohen Legate-Stiftungen einen Namen.


Ein Stadtwappen wurde geschaffen, darstellend ein springendes Ross, in seinem Rücken einen Hammer, auf weiß-grünem Grunde, flankiert mit dem Motiv der Riesenberge. Der Idee des Stadtwappens lag die Sage von dem wilden Ritter und dem Schmiede zugrunde, die uns Schmiedebergern aus dem Werke Theodor Eisenmengers „Die Geschichte der Stadt Schmiedeberg“ allenthalben bekannt ist. Nach dem gleichen Buche weiß die Stadtgeschichte zu berichten, daß wiederholte Brände Teile der Stadt zerstörten und das die Stadt immer wieder aufgebaut werden mußte. -


Ein folgenschweres Hochwasser im Jahre 1897 fügte den Einwohnern Schmiedebergs unermeßlichen Schaden zu. Viele Häuser, besonders der Niederstadt wurden zerstört und ihre Trümmer fortgeschwemmt, Straßen aufgerissen und sogar Menschenleben aus der Umgebung fielen den Fluten der aus ihren Ufern getretenen, sonst aber so friedlich dahinfließenden Eglitz zum Opfer. Durch die in den Jahren darauf durchgeführten Regulierungsarbeiten am Flußbett der Eglitz wurden ähnliche Katastrophen für die Zukunft vermieden, wie das Hochwasser etwa 30 Jahre später im Sommer 1926 bewies. Die letzte deutsche Kaiserin Auguste Viktoria brachte den vom Hochwasser 1897 Geschädigten beachtliche finanzielle Hilfe. Eine Gedenktafel am Hause Gartenstraße 9, das völlig zerstört worden war, gab späteren Generationen von diesem Geschehen Kenntnis.


Unter seinen Stadtoberhäuptern, die uns allerdings nur bis zum Jahre 1850 zurück namentlich in Erinnerung geblieben sind, entwickelte sich Schmiedeberg zu einem wirtschaftlich stabilen Gemeinwesen. Es amtierten ungefähr bis 1860 Bürgermeister Flügel, bis 1895 Bürgermeister Benno Höhne, bis 1902 Bürgermeister Blüthgen und bis 1934 Bürgermeister Hermann Kleinert, dessen Amt dann Bürgermeister Willi Hein übernahm und bis kurz vor dem Ende des II.Weltkrieges verwaltete.


Industrien mannigfacher Art siedelten sich in Schmiedeberg an und verhalfen der Stadt zu einer gewissen Blütezeit. Ich erwähne nur kurz namentlich folgende bedeutende Industrien: die Eisenerzgrube Bergfreiheit, die Porzellanfabrik Pohl, die Filztuchfabrik Güttler, die Teppichfabrik A.G., die Bleicherei und Appreturanstalt Otto Peschel, Leinen-und Wäschenäherei Reinhold Partsch, Leinenhaus Ansorge, die Webereien und Spinnereien von F. Karg und H. Link, Metallwarenfabrik Weiß, Möbelfabrik Weinstein, Kerzenfabrik Habel und vier Sägewerke.


Durch die gute wirtschaftliche Entwicklung war die Einwohnerzahl inzwischen auf über 6000 gestiegen. Davon waren zwei Drittel evangelischen und ein Drittel katholischen Glaubens, Schulen beider Konfessionen mit Filialschulen in der Nieder-und Oberstadt vermittelten den Kindern die nötige Vorbildung für ihr Leben. Eine im Jahre 1910 gegründete Schule für mittlere Reife verhalf den Kindern zu Qualitäten für höhere Bildungsstätten.


Verkehrsmäßig war Schmiedeberg an die Bahnlinie Hirschberg – Landeshut angeschlossen. Innerhalb des Ortsgebietes befanden sich außer dem Bahnhof Schmiedeberg ein solcher in Mittel-Schmiedeberg und Haltestellen am Wagnerberg, an der Höhnestraße und in Ober-Schmiedeberg.


An Reichs- und Landesbehörden waren in Schmiedeberg ansässig: Postamt, Hauptzollamt, Amtsgericht, Forstamt mit den Förstereien Schmiedeberg, Arnsberg, Bergfreiheit und Tannenbaude. Stadteigene Betriebe waren lediglich der Schlachthof und das Wasserwerk mit seiner Gebirgs-Quellwasserfassung. Eine Volksbadeanstalt in den „Kramsta-Anlagen“ am Gebauerteich mit Schwimmbad förderte die Volksgesundheit und den Wassersport der Schmiedeberger. Das Krankenhaus und das Altersheim waren die sanitären und sozialen Einrichtungen. Außerdem befanden sich hier eine Niederlassung der Grauen Schwestern von der hl. Elisabeth, deren Angehörige sich der häuslichen Krankenpflege widmeten, die Heilstätte der Landesversicherungs- Anstalten Schlesien für Frauen und ein Erholungsheim der Reichsbahndirektion Breslau.


Als Gebäude von besonderer Bedeutung wären zu nennen: die katholische Stadtpfarrkirche mit ihrem markanten hohen Turm im Zentrum der Stadt und die zu ihr gehörende kleine St.- Anna- Kapelle auf dem Annaberg in Oberschmiedeberg. Das sogenannte „Regimentshaus“ Friedrichstraße 39, eine Stiftung des ehemaligen „Königs-Grenadier-Regiment 7“, Liegnitz, gedacht als Wohnheim für Hinterbliebene von Offizieren. Das Gebäude war lange Zeit Internat der Schüler der Präparandenanstalt, nach deren Auflösung beherbergte es die Räume der Mittelschule. Das „Treutlerhaus“ an der Bahnhofstraße war Übernachtungsstätte des „Alten Fritzen“ gelegentlich einer seiner Besuche in Schlesien.


Aus der neueren Zeitepoche, d.h. nach 1910 wäre nur noch die Erschließung des Schießhausstraße- und Wiesengartengeländes als Siedlungsgebiet sowie der Bau einer Hauptdurchgangsstraße für den Kraftfahrzeugverkehr über die Hirschberger- Ruhberger- und Hammerstraße bis zur Oberstraße und weiter über die Provinzial- Chaussee nach Landeshut und die Landesgrenze zu erwähnen, die der Stadt die ersehnte und sehr notwendige verkehrstechnische Entlastung brachte. In Verbindung mit diesem Straßenbau sei noch auf den Ausbau des Marktes durch die Schaffung eines breiten, terrassenförmigen Bürgersteiges entlang der rechten Häuserzeile hingewiesen, der dem Städtchen ein außerordentliches Gepräge gab. Weiter bleibt erwähnenswert der im Zuge der vorerwähntenVerkehrsverbesserung zustande gekommene Neubau des Postamtes in der Hammerstraße im „Stettergartengelände“ und die damit möglich gewordene Verbreiterung der Friedrichstraße, wo durch Abbruch des alten Postamtes ein lästiges Verkehrshindernis beseitigt wurde.


Dies war ein kurzer Überblick über die Entwicklung des Gemeinwesens einer kleinen Stadt, aus welcher das Auf und Ab, das Gute und das Schicksalhafte während der Zeitläufe mehrerer Generationen, wenn auch nur an einzelnen Beobachtungen gemessen, wahrgenommen werden konnte. Daß Schmiedeberg von 1915 bis 1918 einmal vorübergehend Garnisonstadt für zwei Gebirgsformationen gewesen ist und 1914 sein 400- jähriges Stadtjubiläum feierte, soll hierbei nur noch am Rande vermerkt sein. - - - - - - -



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB60/N19/20/S349