O du mein Kupferberg

von H.K.



Es ist eine der stillen Frühlingsnächte, da leicht viele und mancherlei Sehnsüchte nach vergangenen Tagen die Herzen der Menschen durchziehen, da nehme ich einige meiner alten Bilder vom Riesengebirge vor und beim Betrachten derselben wandern meine Gedanken weit, weit zurück in jene Zeit, da wir mit der Klampfe in der Hand unsere Schlesierheimat singend und schauend durchstreiften. Und da bleiben meine Gedanken an dem lieben Städtel Kupferberg hängen und alte, längst verklungene Bilder werden wieder lebendig - - - - - -.

Dieses reizvolle Städtel lag auf einem der nördlichen Ausläufer des Landeshuter Kammes: daß hier einmal der Bergbau in hoher Blüte gestanden haben muß, sagt ja schon der Name, man konnte aber auch mancherlei Überbleibsel der alten Zeit finden. Schlacken zum Beispiel entdeckte man immer wieder, oder man fand auch am Fuße einer alten Kupfererzhalde einen Zechenturm, der noch aus jenen Zeiten stammt, da hier mancherlei wertvolles Erz geborgen wurde und die Bürger von Kupferberg damit reich und wohlhabend wurden.

Wenn die alte Mär, die man in Kupferberg immer wieder mal hören konnte, nicht trügt, so ist die Gründung des Bergbaues zu Kupferberg auf einen alten Bergmeister Laurentius Angel im Jahre 1148 zurückzuführen, aber urkundlich belegt konnte diese Annahme nie werden. Deshalb wollen wir uns auch für künftige Zeiten mit der Mär, mit der Sage begnügen, an der freilich insofern etwas Wahres sein muß, als der Bergbau in Kupferberg schon sehr, sehr alt ist.

1519 bekam Kupferberg Stadtrechte verliehen, und um die Mitte des 16. Jahrh. wurde die Stadt durch den Bergbau reich; immer wieder wurden neue Erzvorkommen entdeckt, und auch im 17. und 18. Jahrh. wurde aus den drei Gruben „Gute Hoffnung“, „Segen Gottes“ und „Felix“ reiche Beute zutage gefördert. Zu Beginn des 19. Jahrh. gar gelang es unverhofft im Bereich der Kupferberger Gruben die sogenannten „Neu-Adlergänge“ zu entdecken, und damals nahm der Bergbau noch einmal ungeahnten Aufschwung.

Wunderschöne, alte Patrizierhäuser mit edlem Maßwerk der Renaissance und des Barock kündeten vom Reichtum der wohlhabenden Bergherren, die hier beim Abbau der Erze reichen Gewinn davontrugen. Ich entsinne mich eines solchen alten Bürgerhauses, das aus dem Jahre 1598 stammte und über dessen rundbogigem Portal die Inschrift zu lesen war:

Wir bauen allhier auf Erden fest

und sind doch fremde Gäst`,

und wo wir sollten ewig sein,

da bauen wir wenig drein“.


Doch etwa 1849 kam der Betrieb fast zum Erliegen, da die Erzvorkommen erschöpft schienen. In den Jahren 1854 bis 1868 versuchte man noch einmal, die Erzförderung zu beleben, denn die lieben Kupferberger wollten gar nicht einsehen, daß die Erzvorkommen, die Quelle ihres Wohlstandes völlig erschöpft sein sollten. Jedoch blieb das Unternehmen erfolglos und endete sogar mit großen finanziellen Verlusten für die Beteiligten, und nun ließen sie alle die Hände vom Bergbau, denn sie wollten sich nicht ruinieren und schickten sich also drein, daß die kostbaren Erze erschöpft seien und hier also kein Reichtum mehr zu erwerben war. Kupferberg zählte 1786 etwa 800 Einwohner, 1875 waren es nur noch 646, 1927 hatte der Ort nicht mehr als 572 Einwohner, und am Sinken der Bevölkerungszahl kann man ermessen, wie sehr doch Aufstieg und Niedergang der Stadt mit dem Bergbau verbunden waren.

Doch schwerlich können die nüchternen Zahlen etwas von dem Zauber verraten, den man erleben konnte, wenn man nach Kupferberg kam. Da erzählten die alten Häuser und die Grabsteine auf dem Gottesacker gar mancherlei vom Schicksal der Stadt und ihrer Menschen. Das Anno 1551 die Reformation in Kupferberg Eingang hielt und das der erste evangelische Geistliche Baltasar Tilich wurde, während sein Bruder Georg Tilich der erste evangelische Lehrer der Stadt wurde. 1637 wurde die Stadt von ungarisch-kroatischen Truppen heimgesucht und in Brand gesteckt. Nur wenige Häuser überstanden jene Notzeit. Und dann folgten die Jahrzehnte der Gegenreformation, bis Friedrich der Große unsere Heimatprovinz der Kaiserin von Österreich abnahm und Schlesien Glaubensfreiheit brachte. Da bekamen auch die Kupferberger ein Bethaus, das am 28. Januar 1742 eingeweiht wurde. Johann Friedrich Konrad wurde damals evangelischer Pastor in Kupferberg.

Doch nach Zeiten des wirtschaftlichen Aufstiegs gab es auch immer wieder mal Notzeiten. Jahre des Niederganges und des Leides. So wurde die Gemeinde 1826 in große Betrübnis gestürzt, als am 12. Oktober ein großes Feuer ausbrach, das immer weiter um sich griff, so daß beide Kirchen der Stadt – die katholische wie die evangelische – 67 Häuser, 2 Schulen, das evangelische Pfarrhaus und das Hospital in Schutt und Asche fielen. Erst zwei Jahre später, am 12. November 1826 wurde die wiedererrichtete evangelische Kirche eingeweiht. In jenem Jahr wurde auch das Pfarrhaus , das beim Stadtbrande vernichtet und daraufhin wieder errichtet ward, fertiggestellt.

Im 17. und 18. Jahrhundert, als der Reichtum des Ortes fast sprichwörtlich war, tauchte auch einmal ein Betrüger auf und dessen Opfer wurde kein anderer, als Preußens König Friedrich der Große. Jene Begebenheit aber sei hier noch einmal erzählt:

Kobalt war ein wertvolles und kostbares Metall, das zum Färben der Leinewand benötigt wurde. Zu Friedrich des Großen Zeiten verbrauchte allein die schlesische Leinwandweberei jährlich über 2 600 Zentner Kobaltfarbe im Werte von 57 000 Talern. Diese Farbe mußte damals aus Sachsen bezogen werden, und es war deshalb Friedrichs lebhafter Wunsch, Kobalt im eigenen Lande zu gewinnen. Deshalb forderte er 1755 und 1756 aus Schlesien her Berichte ein, ob in den Bergwerken dort nicht Kobalt zu finden sei.

Tatsächlich hatte der Ratsherr Dr. S. Jagwitz, der an der Spitze des Kupferberger Bergbaues stand, 1754 in seinen drei Gruben einen Zentner Kobalt gefördert, und es wäre demnach immerhin möglich gewesen, daß gerade in Kupferberg mehr Kobalt zu finden sei. Diese Möglichkeit machte sich ein Gauner und Hochstapler, der aus dem Vogtland stammende Barbier Herzer, zunutze. Als der König 1766 2500 Taler für die Auffindung von Kobalt aussetzte, war Herzer gewillt, diese Geldsumme für sich einzustreichen, was ihm auch gelang. Damals wurde Kupferberg der Schauplatz unglaublicher Schwindeleien. Herzer , ein ganz gerissener Schwindler, meldete am 23. Mai 1766 dem Minister von Schlabrendorff nach Breslau, er habe ausgezeichneten Kobalt von besonderer Färbekraft in Rudelstadt gefunden und sandte zugleich einige Kobaltproben nach Breslau. Dabei verschwieg er allerdings, daß das Erz aus Sachsen stammte, wo er es zuvor gekauft hatte, und nicht aus dem schlesischen Gebirge. Am 14. Juni desselben Jahres meldete Herzer seine Erfolge bezüglich der Kobaltförderung sogar dem König Friedrich dem Großen, der wiederum seinen Minister Schlabrendorff beauftragte, die Sache eingehend zu untersuchen.

Schlabrendorff entsandte also den Kriegs- und Domänenrat Meinicke und den Bergamtsverwalter Schiefer nach Kupferberg. Beide sollten nachprüfen, ob Herzers Behauptungen auf Wahrheit beruhten. Der Schwindler wies ihnen tatsächlich Kobalterz vor, das er aber nicht in der Kupferberger Gegend gewonnen hatte, sondern das auch seiner sächsischen Heimat entstammte.

In der Folgezeit reiste der Minister gar selbst nach Kupferberg, und bei einer Rücksprache mit Dr. Jahwitz erfuhr er, daß in Kupferberg niemals mehr als ein Zentner Kobalt gefördert worden sei, doch der Schwindler Herzer blieb bei seiner Behauptung, daß hier viel Kobalt zu fördern sei und forderte kaltblütig 5600 Taler für ein Blaufarbenwerk.

Als am 17. August 1766 Herzer gar in Hirschberg mit dem König zusammentraf und es dem Schwindler gelang, den König durch seine Redegewandtheit zu blenden, blieb Friedrich der Große immer noch einige Zeit im Banne des Lügners und Hochstaplers. Erst am 3. Novemberg 1766 gingen dem König durch verschiedene Gutachten Sachverständiger, die er angefordert hatte, die Augen auf. Da waren die 2500 Taler, die für die Kobaltförderung ausgesetzt und die man dem Schwindler ausgehändigt hatte, ausgegeben, ja, Herzer war mit seinen Komplizen sogar plötzlich verschwunden und ließ beträchtliche Schulden zurück. Fast scheint es uns unglaublich, daß der sparsame König Friedrich einem Schwindler in die Hände fiel, aber es ist schon eine Tatsache und beweist uns, daß auch das Städtlein Kupferberg in seiner Geschichte einmal ein „tolles Stickla“ aufzuweisen hat.

Doch bei meinen Erinnerungen ans liebe Kupferberg will ich auch der Hotels und Gaststätten gedenken, des „Schwarzen Adlers“, des „Ratskellers“ und der „Brauerei“, dort, in Schlesiens zweithöchster Stadt – sie lag immerhin 520 Meter hoch – konnte man in den alten Gasthöfen träumen und sinnen, trinken und „au gut assa“, denn, auch für uns galt noch die alte Weisheit unserer Voreltern, „Assa und trinka hält Leib und Seele zusomma!“

Ja, das waren Zeiten, liebe Landsleute, was! - - - - - - - - - - - - - -



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB57/N12/S211



Erstellt: Winfried Schön, Mail:genealogie@wimawabu.de 08.10.04