Flurnamen der Gemeinde Grunau

von Paul Hämpel (1959)


Unser Heimatdorf war überwiegend ein Bauerndorf; Industrie entwickelte sich erst nach 1933 durch den Segelflugzeugbau der Firma Edmund Schneider. In nor-südlicher Richtung zog es sich vom Spitzberg, in ca. 4 km Länge, bis zur Stadtgrenze von Hirschberg hin. Ein ca. 1 km freies Feld trennte es von Hirschberg, man nannte es das „Stoadtfeld“. Bis 1935 stand darauf ein einzelnes Haus, die „Rußschlächterei“ genannt. Nach 1935/36 wurde das Stoadtfeld bebaut, es entstanden die Hubertuskasernen, oft die Grunauer Kasernen genannt, weil sie so nahe am Dorf standen.


Der Spitzberg, „Spitzaberg“ genannt, war vor 50 Jahren ein begehrtes Wanderziel. Man sah von hier aus bis zur Gröditzburg und die Landeskrone bis Görlitz. Die Ortsgruppe des Riesengebirgsvereins Grunau-Straupitz errichtete auf ihm einen hölzernen Aussichtsturm. Am ersten Pfingstfeiertag jeden Jahres feierte der Männergesangverein Grunau sein traditionelles Bergfest. Am zweiten Pfingstfeiertag, in aller Hergottsfrühe, wanderte der Männergesangverein hinauf, um die schöne Aussicht zu genießen. In der letzten Wirtschaft des Dorfes wurde eine Gastwirtschaft „Die Schweizerei“ eingerichtet, um dem Wanderer die Möglichkeit zum Ausruhen und zur Stärkung zu bieten. Doch nach einer Reihe von Jahren verlor der Spitzberg seine Anziehungskraft, ein anderer Berg zog die Wanderer an sich, es war der Galgenberg mit der „Galgenvogelbaude“, jetzt „Fliegerberg“ genannt. Die Reichssegelflugschule hatte hier ein ideales Gelände für die Segelfliegerei entdeckt. Flugschüler aus aller Welt kamen, um hier zu lernen.


Die Grunauer Berge waren ein Teil des Bober-Katzbach-Gebirges. Ihre Namen sind von Ost nach West: Der Galgenberg, der Lämmerberg, der Kuckucksberg, der Popelberg; - - auf der Westseite: Der Silberberg (auch Koatzapfietlaberg genannt), Hielschersberg und Summerhiebel. Auf dem Hielschersberg stand die „Göldnerbank“, welche die Ortsgruppe des RGV zum Andenken an den beliebten langjährigen Hauptlehrer Adolf Güldner gewidmet hatte. Von hier genoß der Wanderer eine herrliche Aussicht über das ganze Dorf und das Riesengebirge. Der Silberberg verdankt seinen Namen dem Bergwerk, das um das Jahr 1600 betrieben wurde, doch durch den Dreißigjährigen Krieg zum Erliegen kam. Im Oberdorf stand bei der Vertreibung ein Gebäude mit der Jahreszahl 1601, das den Bergknappen zur Unterkunft gedient hat. Ein anderes Grundstück hatte die Bezeichnung „Die Goldgrube“. Das Unterkunftshaus stand unter Naturschutz. Gleichfalls unter Naturschutz stand die „Kosakenlinde“, beide bei der Scholtisei stehend.


Der Dorfbach (im allgemeinen „die Bache“ genannt) fließt munter durchs Dorf, er wird jedoch bei schweren Gewittern oder gar Wolkenbrüchen ein gefährlicher Fluß und kann viel Schaden anrichten. Im Oberdorf (bei der „Holzbreche“) bildete er früher einen kleinen Wasserfall, während eines Hochwassers bahnte er sich jedoch einen anderen Weg. Auf seinem Weg durch das Dorf speiste er einige Teiche, die als Feuerlöschstellenangelegt wurden, so den „Waschtump“, von welchem behauptet wird, daß er im stärksten Winter nicht zufriert, dann den Mühlteich mit Hochwasserschleuse, und schließlich den Teich bei Krause. Unterhalb des Bahnhofes verläßt er das Dorf und nimmt seinen Weg an den Waldhäusern vorbei, unterquert bei der sogenannten „Schoofbrücke“ die Straße nach Boberröhrsdorf, um schließlich bei der „Pohlscha-Mühle“ in den Bober zu münden. Zuvor hat er noch das Wasser der „Erlabache“ und des „Schilfteiches“ aufgenommen. Der Schilfteich lieferte das Rohmaterial, das Schilf, für die Rohrweberei Hoffmann in Grunau. In früheren Jahren war die Bache an den Waldhäusern gut mit Forellen besetzt und an einen Angler verpachtet, auch Krebse wurden gefangen.


Die Fluren der Gemeinde erstreckten sich in östlicher und westlicher Richtung des langgestreckten Dorfes. Sie waren aufgeteilt in über 70 Landwirtschaften und Bauerngüter. Ihre Lagebezeichnung richtete sich meistens nach den Wegen und Stegen, an welchen sie zu erreichen waren. So zum Beispiel am „Niederviehweg“, am „Oberviehweg“, am „Langenauer Weg“, am „Kirchsteg“ usw. Diese Feldwege wurden auch gleichzeitig die „Schriemwege“ genannt; man wollte „zuschriema“, wenn man in ein Nachbardorf zu Verwandten oder Bekannten gehen wollte. Der Weg auf der Straße dahin war länger, man brauchte viel mehr Zeit. Es gab doch früher keine Eisenbahn, keine Autos, ja nicht einmal Fahrräder. Um die Jahrhundertwende wurde das Reisen einfacher. Das Fahrrad war erfunden. Erst wurde es Veloziped, im Volksmund „Sandschneider“, weil es noch keine Luftschläuche hatte. Solche Schriemwege gab es auf beiden Seiten des Dorfes, sie waren eine Notwendigkeit. So gab es einen Weg zum Niederviehweg nach Hirschberg, der „Lange Damm“, der im Sommer von den Kirchgängern zur Gnadenkirche benutzt wurde, und den „Kirchweg“ zum Michaeliskirchlein auf dem alten Kirchhof. Dieser Kirchweg war gleichzeitig Verbindungsweg nach Straupitz. Dann gab es einen schmalen Fußweg an „Schmiedsträucher“ vorbei, der bis zum „Schleusbusch“ führte. Der Schleusbusch bildete die Grenze zwischen Grunau und Berbisdorf. Ein weiterer Schriemweg nach Berbisdorf, der „Brutsteg“, ging am oberen Friedhofweg ab, über die Landewiese am Fliegerberg bis zum Kalkofen in Berbisdorf. Seit vielen Jahren wurde der Brutsteg wohl kaum noch benutzt.


Auf der westlichen Seite des Dorfes war der „Langenauer Weg“, der bedeutendste Schriemweg. Auf ihm konnte man das Fahrrad benutzen, sowie Hand- und Kinderwagen. Die Bewohner von Langenau und Neu-Flachenseiffen, auch „Puschkate“ genannt, konnten auf ihm den Weg in die Stadt Hirschberg um gut eine halbe Stunde abkürzen. Für die Bewohner von Alt- Flachenseiffen führte ein Schriemweg von Ober-Grunau quer über die Felder und mündete in den Langenauer Weg. Doch dieser hatte, seit man das Fahrrad benutzte, seine Bedeutung verloren. Schließlich ist noch der Eduard-Lange-Steg vom Niederdorf ins Jägerwäldchen und in die Waldhäuser zu nennen. Oft und gern wurde er zu einem Spaziergang ins Jägerwäldchen begangen, um bei Eduard Langer einzukehren und sich von ihm bewirten zu lassen.


Weniger bekannt dürfte vielen Dorfbewohnern der „Leupelhorn“, unweit der Waldhäuser, der „Schulzaborn“, an der Straße nach Langenau gelegen, und der „Kalteborn“ im Schleusbusch sein. Diese hatten nur örtliche Bedeutung. Demgegenüber waren folgende Flurnamen (Besonders den Pilz- und Beerensammlern) ein Begriff: „Tiersahöh“, rechts vom Fliegerberg gelegen, die „Vorder- und die „Hinterscheibe“, der „Waldbusch“ und der Spitzberg mit dem „Rusagoarta“.

Damit sind die wesentlichen Flurnamen erwähnt.



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB1959/N24/S416

Erstellt W.Schön, Mail:genealogie@wimawabu.de, 19.07.06