350 Jahre Agnetendorf


Agnetendorf – aus seiner Gründerzeit.

Aufgeschrieben v. Friedr.Hörner i. J. 1973



Die meisten Dörfer des Kreises Hirschberg sind von deutschen Siedlern um 1400 gegründet worden. Sie waren im Westen geworben. Agnetendorf ist eine Spätsiedlung, die nach dem 30- jährigen Krieg entstand.

Um ihres Glaubens Willen wanderten Protestanten aus Böhmen aus. Graf Christoph Schaffgotsch erklärte sich bereit, sie aufzunehmen und schloß mit ihnen einen Vertrag zur Ansiedlung im Riesengebirge. Dieser hatte Gültigkeit für die einzelnen kleinen Ortschaften, die nun am Rande des Gebirges durch die böhmischen, deutschsprechenden Einwanderer entstanden. Diese Dokumente wurden in Prag ausgefertigt und befinden sich noch in den dortigen Archiven.

Die ersten Familien kamen aus dem nahen Grenzland (1654) in Hermsdorf/Kynast an, um in dem Gebirgswaldtal, später Agnetendorf genannt, sich eine Heimat zu schaffen. Von Jahr zu Jahr kamen immer neue Familien dazu. 1664 sollen die Letzten aus Böhmen gekommen sein. Darunter war auch der Name Schön und bis zuletzt in Agnetendorf vertreten. Auch die Namen Glumm, Thiel, Scholz, Bradler wurden damals schon genannt. Sie existierten auch in diesem Jahrhundert noch. Die Namen Pflugner und Leder sollen von Wächtern der Burg Kynast herkommen, die sich in Agnetendorf niederließen.

Wald, Sträucher Schwemmland und steinige Berghänge mußten Quadratmeter um Quadratmeter urbar gemacht werden. Die Rodehacke, Axt, Säge, Schaufel und Hebebaum waren die Werkzeuge. Die aufgeschichteten Steine an den Rainen sind noch Zeuge harter Arbeit. Planierraupen und Bagger gab es ja damals nicht.

Es war schwierig, eine winterfeste Unterkunft zu bauen. So war es bezeichnend, daß man sie Feuerstellen nannte. Die Größe der Siedlung und der Fortschritt der Erschließung wurde nach der Zahl der Feuerstellen bewertet. 1664 kam ein Neumann aus Seiffershau und baute die Mühle und den Kretscham, also müssen dafür schon Handwerker vorhanden gewesen sein.

Der Name Agnetendorf ist zurückzuführen auf eine Tochter des Grafen Christoph Schaffgotsch, Agnete. Die Eltern des Grafen Christoph waren Hans Ulrich Schaffgotsch (1635 in Regensburg enthauptet) und Barbara Agnes, Tochter des Herzogs Joachim von Liegnitz.

Die Siedler und Generationen nach ihnen haben es geschafft, ihre Lebensverhältnisse zu verbessern. So entstanden Blockhäuser mit Schindeln gedeckt, gepflegte Wiesen und auch kleinere Rodestücke Ackerland. Angebaut wurde Winter- und Sommerroggen und Hafer. Kartoffeln gab es noch nicht. An Vieh wurden Kühe, Ziegen und Schafe gehalten. Eine Stelle am Rande des Hummelberges wurde noch immer „beim Schafstall“ genannt. Es wurden auch Pferde zur Holzabfuhr gehalten. Das ganze Dorf ist ringsherum von gräflich Schaffgotschen Wald begrenzt und konnte sich später nicht weiter ausbreiten. Die gräfliche Fideikommisverwaltung gab kein Land her. Mit Milch und Butter konnten sich die Siedler selbst versorgen. Die wenigen Flächen Ackerland brachten nur einen kleinen Teil des Bedarfs an Brotgetreide. Durch die Mühle konnten sie sich dann am Ort versorgen. Als die Mühle einmal abbrannte wurde sie, zum Teil durch Gemeinschaftsarbeit, wieder erbaut. Im Laufe der Zeit wurden auch zwei Brettsägen mit Wasserantrieb errichtet. So war in der Hauptsache Waldarbeit und Holzabfuhr die lohnbringende Tätigkeit. Mit dem heutigen Lebensstandart ist wohl kaum ein Vergleich zu ziehen. Als die Siedler ihre Heimat in Böhmen verließen, um nach ihrem Glauben freier leben zu können, wußten sie das sie damit viel Mühe, Entbehrung und Arbeit auf sich nahmen. Sie konnten ihren Besitz verkaufen, ihr Vieh, Werkzeuge und Hausrat, was sie auf Wagen aufladen konnten, mitnehmen. Rechnet man vom Beginn der Ansiedlung (1654) bis zur Vertreibung (1946) dann sind es 292 Jahre, welche die Gründerfamilien in Agnetendorf bodenständig waren.

Eine alte Überlieferung, die man manchmal hörte, besagt: „Wer nach Agnetendorf kommt und Fuß gefaßt hat, dem gefällt es, der geht nicht wieder weg“.

1946 gingen wir, wie ja alle Schlesier, weg. Allerdings nicht freiwillig. Wir wurden ohne jede Gegenleistung enteignet. Jeder durfte nur soviel mitnehmen, wie er tragen konnte. Im Sammellager wurde das Gepäck geöffnet und neue Wäsche oder sonstige wertvolle Gegenstände wurden beschlagnahmt.

Der Auswanderung der böhmischen Protestanten war der 30- jährige Krieg vorausgegangen, unserer Vertreibung der zweite Weltkrieg. Jetzt tobt der Krieg im nahen Osten.

Wann wird die Christgeburt- Engelsbotschaft in Erfüllung gehen: „FRIEDE AUF ERDEN“?