Die Geschichte des Dorfes Kammerswaldau

zusammengestellt nach der Schulchronik von Kammerswaldau (ca.1935)




Die Gründung des Dorfes ist in undurchdringliches Dunkel gehüllt. Man nimmt an, daß sich die Gründung zurückführen läßt auf die Ansiedlung, welche vom hiesigen Rittergute aus durch die Dienstleute stattfand. Das Dorf hat in früheren Jahrhunderten, besonders solange die Weberei noch nicht gewerbsmäßig betrieben wurde, und die Bewohner sich größtenteils von Ackerbau und Viehzucht ernährten, nur einen geringen Umfang gehabt. Darauf deutet die kleine katholische Kirche hin, die wohl bald nach Anlage des Dorfes erbaut ist. Die Seelenzahl betrug etwa 400 bis 500. Die Bevölkerung war bis zur Reformation katholisch.

Die Zeit bis zum Anfange des Dreißigjährigen Krieges kann als eine glückliche bezeichnet werden. Aus den noch vorhandenen Käufen im Schöffenbuch ist zu ersehen, wie hoch die Güter im Preise standen, wie reich die Ausgedinge ausgestattet wurden und wie ein großer Aufwand, namentlich in der Kleidung, stattgefunden zu haben scheint.

Durch den Dreißigjährigen Krieg wurde der Wohlstand vernichtet. Schon das Jahr 1617 das eine große Teuerung brachte, da der Scheffel Korn 7 Taler kostete, leitete das kommende Kriegselend ein. Besonders ist die zweite Hälfte der Kriegszeit auch für den hiesigen Ort sehr unheilvoll gewesen. Die meisten Bauerngüter wurden eingeäschert und verwüstet oder konnten wegen Mangel an Vieh nicht mehr bestellt werden. Die Besitzer waren nicht imstande, die nötigen Abgaben zu leisten. Es kam im Jahre 1646 der Fall vor, daß ein Bauer vor den Gerichten freiwillig auf den Besitz seines Gutes verzichtete, weil er die nötigen Abgaben nicht leisten konnte. Die im Jahr 1634 in Schlesien herrschende Pest, die im benachbarten Maiwaldau 250 Menschen hinraffte, wird gewiß auch hier viele Opfer an Menschenleben gefordert haben. Doch sollte mit dem Schlusse des Krieges der Kelch des Leidens noch nicht ganz geleert sein. Der westfälische Friede brachte den Evangelischen im übrigen Deutschland Anerkennung und Duldung, während für die evang. Bewohner Nieder-Schlesiens erst die Bedrückung recht begann. Sie erreichte das höchste Maß dadurch, daß ihnen ihre Kirchen weggenommen und die Pfarrer vertrieben wurden. Dies ist auch hier am 28.02. 1654 geschehen. Aber die Evangelischen blieben ihrem Glauben treu. Sie widerstanden mutig allen Lockungen zum Abfall und erduldeten lieber die größten Entbehrungen und Beschwerden. Die vertriebenen Pfarrer hielten noch jahrelang an verborgenen Orten und entlegenen Büschen die sogenannten Buschgottesdienste. Auch die Hundskirche soll ein solcher Versammlungsort gewesen sein. Sonst gingen unsere Vorfahren nach Probsthain zur Kirche. Eine Erleichterung brachte der Bau der Gnadenkirche in Hirschberg im Jahre 1709, wohin sich nun auch unsere Gemeinde hielt, bis sie selbst wieder Gottesdienst abhalten konnte (1742). Doch sollte vorher noch eine schwere Heimsuchung über die Gemeinde kommen: durch eine große Feuersbrunst, welche am 26.Okt. 1736 ausbrach, wurde ein Teil des Niederdorfes, die Kirche und das Mitteldorf eingeäschert. Vom Jahre 1742 an beginnt für unseren Ort eine neue, bessere Zeit. Schlesien war unter Preußens Herrschaft gekommen, und Friedrich der Große genehmigte die Bittschrift der Evangelischen um eigene Bethäuser. Da dies große Opfer von den Gemeinden erforderte, so wäre es nicht möglich gewesen, wenn sich nicht dieselben großer Wohlhabenheit erfreut hätten. Doch war es nicht wie vor dem Dreißigjährigen Kriege Ackerbau und Viehzucht, wodurch sich die Gemeinden wieder gehoben hatten, sondern Spinnerei und Weberei. Die Weber waren meist wohlhabender als die Bauern. Die Beschäftigung des Webens und Spinnens hatte sich so ausgebreitet, daß eine Menge neuer Häuser entstand und das Dorf sich bedeutend vergrößerte. So erwuchsen schon früh die Gasse im Niederdorf und die Feldhäuser, von denen die Mühle schon um 1670 angelegt worden ist, während die neuen Häuser erst nach der Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut worden sind. Das Dorf zählte damals mehr Einwohner als heute. 1742 gelangte die Gemeinde in den Besitz eines eigenen Gotteshauses. Es war dazu vorläufig ein Gebäude auf dem herrschaftlichen Hofe eingerichtet worden, bis ein neues Gotteshaus gebaut werden konnte. Die Erbauung eines neuen Gotteshauses mußte wegen der Schlesischen Kriege immer wieder aufgeschoben werden. Am 22.Mai 1769 wurde der Grundstein gelegt. Im Jahre 1772 wurde das neue Gotteshaus eingeweiht. Im Jahre 1804 war eine große Überschwemmung und Teuerung. Bis zum Jahre 1815 wurden die Gemeinden von Kriegsunruhen gestört. Eine Zeitlang haben hier Franzosen im Quartier gelegen. - Im Jahre 1853 wurde das jetzige Kantorhaus gebaut. Der Wohlstand der Gemeinde hob sich mehr und mehr. - Am 25.Mai 1865, am Himmelfahrtstage, entlud sich in den Nachmittagsstunden ein schweres Gewitter. Es richtete großen Schaden auf den Feldern an und vernichtete die Dorfstraße so, daß sie von Grund auf neu erbaut werden mußte. - Die Seelenzahl der Gemeinde betrug nach der Volkszählung von 1864 – 1227, heute zählt die Gemeinde 999 Einwohner. Die früher so schwunghaft betriebene Spinnerei und Weberei beschäftigte um das Jahr 1870 nur noch wenige Personen. Heut finden gegen 100 Bewohner lohnende Arbeit in den Kalksteinbrüchen Kauffungs. Bemerkenswert ist auch eine gewerbliche Anlage im Niederdorfe, die von einem gewissen Karl Gottlieb Schubert begründet wurde und heute von Sigismund Warmbrunn fortgeführt wird. Ihr größtenteils aus Glocken zu Schlittengeläuten bestehendes Fabrikat wird bis weit über die Grenzen der Provinz und sogar des deutschen Vaterlandes hinaus versendet. Denkwürdige Erreignisse von besonderer Wichtigkeit haben sich in den letzten Jahren nicht zugetragen. Erwähnt sei noch der Bau der Kunststraße von Maiwaldau nach hier bis zur Kirche. (Martha Kirst)


Die Kirche.

Im Jahre 1742 erlangten die Evangelischen in Schlesien durch Friedrich den Großen die Religionsfreiheit. Bis zu dieser Zeit durften in der Gemeinde keine evangelischen Gottesdienste abgehalten werden. Man mußte bis nach Probsthain zum Gottesdienst und sogar dorthin zur Kindtaufe. Als sie die Religionsfreiheit erhielten und noch kein Geld besaßen für den Bau einer Kirche, hatte man nur ein Bethaus. Das war der Schüttboden auf dem herrschaftlichen Gut. Dann kam der Siebenjährige Krieg 1756 – 1763. Das Pfarrhaus wurde im Jahre 1742 erbaut. Als sich die Bewohner von der Not des Krieges erholt hatten, plante den Bau einer eigenen Kirche. Die damalige Herrschaft stiftete reichliche Beträge, eben so gab die verarmte Gemeinde, was sie nur konnte. Der Bau kostete 4000 Taler. Am 11.Okt. 1772 erfolgte die Einweihung des Gotteshauses in festlicher Weise. Pastor Hentschel hielt die Festrede. Zum 50-jährigen Jubelfeste wurde der Kirche eine neue Orgel mit 17 Registern gekauft. Die Herrschaft schenkte den Taufstein und das silberne Taufbecken. 1816 wurde der gläserne Kronleuchter gestiftet. 1822, zum 50-jährigen Jubelfeste der Kircheneinweihung wurde der Turm nach dem Muster des katholischen erbaut. Zur Feier der hundertjährigen Religionsfreiheit wurde die Kirche im Inneren weiß gestrichen, und mit Gold abgesetzt. Außerdem wurde ein Anstrich aussen vorgenommen. 1868 fand die erste General-Kirchenvisitation statt. 1872, hundert Jahre nach dem Bau, wurde der neue Turm mit Schiefer gedeckt. 1891 wurden die Decke und das Innere erneuert. Gleichzeitig wurde eine neue Orgel errichtet und am 11.Okt. Desselben Jahres eingeweiht. Im Jahre 1922 feierte die Gemeinde das das 150-jährige Bestehen ihres Gotteshauses, jedoch ohne große Festlichkeit. 1927 fand eine General- Kirchenvisitation statt. Martha Renner


Unsere Schule.

Was die Gründung der Schule anbelangt, so dürfte dieselbe ebensowenig nachgewiesen werden könnnen wie die Gründung des Dorfes. Es läßt sich mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die noch bestehende hiesige Glöcknerwohnung von Anfang an zum Schulhause gedient hat. Die älteste Nachricht über die hiesige Schule findet sich in einem Kaufvertrag vom Jahre 1575, in welchem Georg Kirschten, der das väterliche Nachlaßgut käuflich übernahm, zur Pflicht gemacht wurde, „die zween Brüder Paul und Christoph ein Jahr lang zur Schule zu halten, so sie aber länger wollten lernen, sollen sie sich selber versorgen“, woraus zugleich hervorgeht, daß ein Schulzwang nicht bestanden zu haben scheint oder wenigstens kein gesetzliches Zeitmaß für die Dauer des Schulbesuches. Johannes Birnbaum ist der einzige aus der Zeit vor dem Jahre 1742 mit Namen bekannte Lehrer des hiesigen Ortes, da weitere Nachrichten sich nicht vorfinden. Sein Andenken ist umsomehr in Ehren zu halten, da der Name des 1654 vertriebenen Pfarrers nicht mehr bekannt ist und an seiner Stelle Johannes Birnbaum noch 12 Jahre lang bemüht gewesen ist, durch Vorlesen von Predigten die Gemeinde zu erbauen. Auch hat er um seiner Glaubenstreue willen sein Amt verlassen müssen. Im welcher Weise von 1666 ab für den Unterricht der Kinder mag gesorgt worden sein, darüber läßt sich kaum eine Vermutung aufstellen. Wahrscheinlich ist es, daß die Eltern selbst, soweit sie es vermochten, ihren Kindern einige Kenntnisse beizubringen versuchten. Vom Jahre 1742 ab wurde auf die Herstellung eines geordneten Schulwesens wieder Bedacht genommen. Pastor Hentschel berichtet darüber in seinem 1793 herausgegebenen Jubelbüchlein: „Zur Schule wurde ein Freihaus (Nr.12), wozu etwas Acker gehörte, gekauft. Allein die Schulstube war für die große Anzahl der Schulkinder zu klein, so daß schon längst ein neues Schulhaus zu erbauen nötig gewesen wäre. Im Jahre 1790 wurde das neue Schulhaus (jetzt Nr. 12 ?) erbaut und am 27.September eingeweiht“. Doch auch dies genügte nach Ablauf von 50 Jahren nicht mehr. Es wurde die dem Pfarrhaus gegenüberliegende „“Baderei“ angekauft, und am 15. Okt. 1853 konnte die Einweihung des neuen Schulhauses stattfinden. Die Zahl der Schulkinder betrug damals 212. Im Jahre 1908 wurde eine Vergrößerung des Schulgehöftes vorgenommen. 1914 – 1917 wurde das jetzige neue Schulhaus erbaut. Es hat zwei Klassenzimmer und zwei Lehrerwohnungen. Zur Zeit wirken drei Lehrpersonen an der vierklassigen Schule: Hauptlehrer Mentzel, Lehrer Schubert und Lehrerin Fräulein Teuchert. (Lotte Warmbrunn)



Entnommen aus „Schles.Bergwacht“, SB1960/N17/S309