Ein Spaziergang durch Gotschdorf

von Alfred Friedrich (1953)



Kam man die Straße von Hirschberg nach Gotschdorf, bot sich linksseitig ein herrliches Panorama. Im Tal die Hauptstadt des Riesengebirges, unser Hirschberg, dazugehörig Kunnersdorf, dann Herischdorf, Bad Warmbrunn, Hermsdorf mit dem sagenhaften Kynast und Petersdorf. Links von Hirschberg sah man die Falkenberge bei Fischbach. Der Stonsdorfer Prudelberg grüßte herüber, von Herischdorf der Scholzen und der Weihrichsberg. Über allem thronte majestätisch das Hochgebirge. Der Schmiedeberger Kamm, die Schneekoppe mit dem Melzergrund, Prinz-Heinrich-Baude, kleine und große Sturmhaube, Schneegruben und den Reifträger. Die Bahnlinie Hirschberg-Lauban-Görlitz führte durch unser Dorf. Hinter der Bahn erhob sich der Ottilienberg.

Am Eingang nach Gotschdorf rechts die Zimmer`sche Musterwirtschaft, die neu erbaut war, auf der anderen Seite lag das Hainke`sche Vorwerk. Dann kam das Standesamt, in welchem unser P. Besser seines Amtes waltete. Ein Stückchen weiter erreichte man das Gasthaus Zimmer, an der Straßenkreuzung Hirschberg-Petersdorf und Bad Warmbrunn-Reibnitz. Es lockte viele zur Einkehr. Aus einem beabsichtigten kurzen Verweilen wurde meist ein stundenlanger Dauerskat, dem der gegenüber wohnende Hauptwachtmeister Pfeifer zur Polizeistunde ein Ende bereitete. An der Straße nach Voigtsdorf stand das Vierfamilienhaus der Gemeinde. Auf Reibnitz zu, hinter Zimmers Gasthaus erinnerte die selten schön gewachsene Friedenseiche an den Krieg von 1870/71. Ein kleines Stück weiter hatte R. Schulz seine Bau-Und Möbeltischlerei. Auf einer kleinen Anhöhe stand das neu erbaute Kolonialwarengeschäft von Minna Friedrich. In Richtung Voigtsdorf das neue Schulgebäude und an der Chaussee rechts die Liebig-Schmiede.

Der Weg bergauf zum Gerichtskretscham, dessen Besitzer W. Scholz war, erinnerte an manch feuchtfröhliche Stunde, denn unsere gute Wirtin Minna sorgte dafür, daß es nicht zum Verdursten kam. Dicht daneben das Gemeindeamt, Bürgermeister war R. Besser. Am Feuerwehrgerätehaus und Steigerturm vorbei ging es zu unserem alten Friedhof, dem sich der Neue mit Begräbnishalle anschloß. Auf der Chaussee kam man zur Bahnbrücke. Der steile Steg, teilweise mit Stufen versehen, führte zum Bergfrieden. In früheren Jahren wurden dort an jedem Pfingstsonntag von unserer beliebten Dorfkapelle Choräle gespielt. Nach dem 1.Weltkrieg errichtete man auf dem Gipfel des Bergfrieden zu Ehren der annähernd 20 Gefallenen aus unserer Gemeinde ein Denkmal. Es bot sich ein herrlicher Blick nach dem Riesengebirge, dem Popelberg und der sagenhaften Kummerharte. Der Bergfrieden und die beiden letztgenannten Berge waren die nächsten Ausflugsziele unserer Dorfbewohner. Ging man zum Bergfrieden, kam man an der Fleischerei Knospe und der Bergmann`schen Bäckerei, Inh. E. Ebert, vorbei. Häuser und Gärten der Bauernhöfe waren musterhaft sauber. Kleine Wäldchen und Viehweiden trennten die Gehöfte. Einige Bauernhäuser mit Bindewerk gaben dem Dorfe ein altertümliches schmuckes Aussehen. Grüne Fensterläden und Blumenkästen zierten das Bauernhaus der Familie Menzel-Seliger. Der Dorfbach schlängelte sich bald rechts bald links vom Wege. Hinter der Bahnbrücke befanden sich Häuser und Landwirtschaften in gutem Zustand und bester Ordnung. Am Ende unseres Dorfes sind die Bauernhöfe R. Friedrich und I. Seliger. So zählte Gotschdorf mit 72 Häusern, Bauernhöfen und kleinen Landwirtschaften mit zu den schönsten und saubersten Dörfern des Riesengebirgsvorlandes. - - - - - - -



Entnommen aus „Schles. Bergwacht“, SB1954/N1II/S04





Erstellt: W.Schön, Mail: genealogie@wimawabu.de, 04.07.07